Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 420
(PDF, 148 MB)
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418 Psychische Studien. XLII1. Jahrg. 9.-10. Heft. (Sept.-Okt. 1916)

kannte römische Heilige, die ihr ganzes Leben hindurch Visionen
hatte, die von einem Engel z. B. gezüchtigt wurden usw. [Ein
mir bekannter Hellseher erzählte mir einmal, er habe im Jenseits
(im Astralgebiet) einen Menschen gesehen, der von weitem wie
eine Gans ausgesehen hätte und erst bei näherem Herzutreten zu
erkennen gewesen wäre. Auf mein Befragen sagte er mir, er
selbst habe sich offenbar als Menschen gesehen. Jedenfalls läßt
diese Beobachtung interessante Folgerungen zu.]

Ich glaube auch, daß die bekannte Laokoon-Gruppe nichts
anderes darstellen soll als die Besessenheit. Es ist die Seele in
drei Möglichkeiten gegen den Einfluß der Sünde zu kämpfen.
Ohne die Gnade kann sie nicht widerstehen und fällt den habgierigen
Schlangen zum Opfer.*) Auch der Sündenfall Adams
und Eyas bedeutet nichts anderes.

Bei Homer ist der Dämon eine Macht für sich, ein Geist,
der nie in Menschengestalt, nie sprechend vorgeführt ist, sondern
immer in einem geheimnisvollen Dunkel bleibt. Er tritt meistens
schädigend, selten freundlich auf. Wer weiß, sagt Nestor zu
Patroklus, ob du Achilleus nicht mit Hilfe eines Dämons das
Herz bewegst ? Priamos nennt Agamemnon mit einem Glücksdämon
gesegnet. „Daimonios" bedeutet einen, von dem ein
Dämon Besitz genommen hat, einen Besessenen. Diese Bedeutung
klingt überall durch, ob nun Zeus mit seinem entsetzten Rufe
Heere als Wahnwitzige oder Hektor die weinende Andromeda
sanft tröstend als Närrchen benennt, (Finsler, Homer, Teubner
1908.)

Jeder schafft sich selbst seinen Dämon. FürSokrates war es
die innere Fähigkeit durch praktische Vernunft zu wissen, was
er zu tun hatte. Seine Willensrichtung hatte dieses Daimonion
im Jenseits geschaffen und es folgte ihm als spiritus familiaris,
wohin er ging. Ähnlich war es bei der Jeanne d'Are und manchen
anderen. Was man Schutzengel nennt, ist oft nichts anderes.
Wenn jeder einen solchen Schutzgeist zur beständigen Verfügung
hätte, wäre es seltsam, daß noch Menschen verunglücken. Aber
Sokrates hörte deutlich eine Stimme in sich, daß er auf der Flucht
im Kriege einen bestimmten Weg einschlagen müsse, andere hören
es nicht und gehen in ihr Verderben. (Man lese daneben auch
den merkwürdigen okkulten Roman „Flita" von Mabel Collins,
der wohl der schwierigste der ganzen Weltliteratur ist.)

Soll man nun der Vernunft folgen oder dem Dämon? Der
Dämon sitzt im Unbewußten und das Unbewußte ist immer
trügerisch. Alle Besessenheit spielt sich hier ab. Man bringt von

*) Eine solche allegorische Deutung ist zwar sehr geistreich,
lag aber sicherlich den griechischen Bildhauern, die aus der Volkssage
schöpften, ferne« — Red.


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