Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 436
(PDF, 148 MB)
Bibliographische Information
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434 Psychische Studien. XLIII. Jahrg. 9.-10. Heft. (Sept.-Okt. 1916)

der Natur. Je abnormer die Gesittung, desto größer wird die
Zahl der Ismen und desto schlechter deren Beschaffenheit. Das
beste Kennzeichen gesunder Zivilisation ist deren Einfachheit; in
dieser suche man die Bürgschaft naturgemäßer Entwickelung.
Naturgemäßheit schließt Fanatismus aus; wo dieser sich zeigt,
findet man abnorme Zustände. Entartete Staatsleute und Parteiführer
rechnen mit Fanatismus und betätigen solcherweise Unheil
und Verderben. Normaler Zustand der Seele ist Harmonie ihrer
Fakultäten; das will heißen: Harmonie ist nur denkbar bei Bestand
von leiblicher und seelischer, persönlicher und sozialer Gesundheit
des innern Kerns der Einzelwesen. Fanatismus stört das
Gedeihen dieses innern Kerns, begünstigt Vorurteil und Leidenschaft,
und läßt die Seele nicht zu jener innern Ruhe kommen, welche
das Gedeihen von Vernunft und Religion unbedingt erheischt.

Mitglieder von Sekten und Parteien sind oft genug dem
Programm ihrer Kategorie in unlöblichem Fanatismus ergeben.
Diese Tatsache stört jede gute Ausgestaltung der altruistischen
Gegenseitigkeit; auch fördert sie Oberflächlichkeit, Ungerechtigkeit,
Unduldsamkeit und Naseweisheit. Es ist zu glauben, daß die
Menschheit besser führe, glücklicher wäre, wenn es keine Parteien
gäbe. Aber alle Parteibildung erscheint als Frucht des egoistischen
Systems vom tantum-quantum, steht und fällt mit diesem. Es
können und werden auch unter Herrschaft des Systems vom
Altruismus infolge von Meinungsverschiedenheit verschiedene
Gruppen sich gestalten, aber nicht zu feindseligen Parteien entarten
; denn alle und jede Entartung entspringt da aus Elend, dort
aus Üppigkeit, und diese beiden großen Übel erweisen sich in
letzter Reihe als Folgen des Systems vom tantum-quantum.

Egoismus trennt die Wesen und erzeugt böse Leidenschaften;
Altruismus vereinigt die Wesen und erzeugt Wohlwollen, Liebe und
Barmherzigkeit. Egoismus und dessen Folgen machen sehr oft
das Leben zur Last, erwirken Selbstmord, Unheil und Verbrechen;
Altruismus als sporadische Erscheinung und als System erhöht den
Wert des Lebens und vermehrt den Drang der Pflege von Leib
und Seele, macht das Dasein lieb und wert, und verhütet alles
Böse, erhöht fortschreitend Freude und vermindert fortschreitend
Schmerz. Und größerer Gewinn für Gesundheit, Glückseligkeit
und Freiheit könnte nicht gedacht werden.

Tugend und Glückseligkeit gehören zu den unerläßlichen
Voraussetzungen alles normalen Bestehens. Weil nun Selbstsucht
diese Voraussetzungen zerstört, darum kann dieselbe nicht als
naturgemäßer Motor des persönlichen und gesellschaftlichen
Daseins genommen werden und muß unter allen Umständen heillose
Verhältnisse erwirken. Der größte Teil aller Übel und Leiden,
welche die Menschheit peinigen, führt auf den erkrankten und entarteten
Trieb der Selbsterhaltung, also auf Egoismus sich zurück.


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