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* Literaturbericht. 45
Deshalb sind zu diesem schweren Berufe nicht alle Aerzte geeignet.
Deshalb sind auch die Resultate bei verschiedenen Methoden verschieden
. Denn es heilt nicht die Methode, sondern der Arzt. Dr. —1.
Dr. phil. Helene Stöcker: Menschlichkeit. (Kriegshefte des Bundes für
Mutterschutz. Berlin.) Sonderdruck der „Neuen Generation",Heft 1|2
1916. Oesterheid et Co. Verlag. Berlin W. 15. 20 8. —
Die geistvolle, edelfühlende Verfasserin zeigt in diesem Schriftchen
, daß ihre zunächst liegende sittliche Aufgabe: „Schutz des
werdenden Lebens, seine vorurteilsfreie Bewertung und Förderung"
als eine Weltanschauungsfrage zu begreifen ist, nur ein Teil der
froßen Gesamtaufgabe, unser Leben und Handeln den höchsten
Srkenntnissen anzupassen, die sich die vornehmsten und erleuchtetsten
Geister der Menschheit erarbeitet haben. Zwei machtvolle Strömungen
ringen auch in diesem Weltbrand miteinander: die eine stellt
sich ganz in den Dienst des Tages, weich wie Wachs, schwankend wie
ein Kohr, die Vertreter der anderen haben ihre Anschauungen so
tief gegründet, daß sie dieselben auch so gewaltigen Ereignissen
gegenüber nicht preisgeben. Der Krieg ist der Triumph des Staates
in dem, was er ursprünglich war: eine Macht Organisation, die das
Prinzip der Autorität zur maßgebenden Idee des Zusammenlebens
macht, wie jetzt die Moral des Tages in nichts anderem als in Gehorsam
besteht, während alle höhere Kultur von jeher das eine Ziel
hatte, den Menschengeist über den blinden Gehorsam zu erheben.
Verfasserin betont in erster Linie die Notwendigkeit der Schaffung
einer großen Presse, völlig unabhängig von geschäftlichen Interessen;
nur eine solche könnte eine dauernde Verständigung zwischen den
i'etzt entzweiten Kulturvölkern anbahnen und den durch Lügen-
laftigkeit., Feigheit und Unwissenheit verbreiteten Massensuggestionen
wirksam entgegentreten. Auch hier gilt es, die Würde und
die schöpferische Kraft der menschlichen Persönlichkeit wieder zu
stärken und aus der atavistischen Rohheit des Staates jenes Gebilde
zu schaffen, das nicht nur einigen „Auserwählten,u sondern allen
Kindern eine Heimstätte ist, wo Kultur und Staat sich versöhnen
, Individuum und Staat zu ihrer höchsten Entfaltung geführt
werden. Erinnern wir uns mit Tolstoi, daß alle Umwälzungen in der
Welt, wie die Aufhebung der Folter, der Sklaverei, die Gewinnung
der Freiheit des Wortes und des Gewissens nur zustande gekommen
sind, weil es aufrichtige, wahrheitsliebende und mutige Menschen
gab, die unbeugsam waren, wenn ihnen auch die herrschende Majorität
noch so zahlreich und gewalttätig entgegentrat. Denn nur
der Mensch kann Einfluß auf die Gestaltung der Welt gewinnnen,
der im Einklang mit seinem Gewissen lebt. — Fritz Freimar.
Vom Menschenrätsel. Denken, Schauen, Sinnen einer Reihe deutscher
und österreichischer Persönlichkeiten von Budol Steiner.
1.—4. Tausend. 1916. Philosophisch-Anthroposophischer Verlag
(Berlin W. Motzstr. 17). 280 Seiten, brosch. M. 8.50 geb. M. 4,50.
Wir finden in diesem jüngst erschienenen Werk des bekannten
Begründers der Anthroposophie oder Geisteswissenschaft eine ungemein
lesenswerteDartellung der Entstehungs- und Entwicklungs-Geschichte
aller jener Bestrebungen deutscher und österreichischer Denker, die
auf die Weltanschauung des deutschen Idealismus gerichtet waren,
beginnend mit den drei Klassikern unter den deutschen Philosophen:
Johann Gottlieb Fichte, F. W. J. Schelling und Hegel, dann übergehend
zu Immauel Hermann Fichte, J. H. Deinhardt, J. P. v.
Troxler, K. Christian Plank, W. H. Preuß, und abschließend mit
einigen österreichischen Denkern und Dichtern wie Carl Julius Schröer,
Fercher von Steinwald, Bartholomäus von Carnerie, Joseph Misson
und Robert Hamerling. Der leitende Gedanke, der sich durch das
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