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Literaturbericht.
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ja sie selber muß es blutenden Herzens verbannen. Da fällt alle
angenommene spielerische Art von der Tochter Maria Theresia's
ab. Sie besinnt sich auf ihr wahres Wesen und kennt nur noch
eine Treue : den Kampf aufnehmen und durchhalten bis zum letzten
Atemzuge. — Und rund um sie die Gegenspieler. Ihr zunächst ihr
Vetter Orleans, dann Mirabeau, Barnave, Danton, der General Du-
mouriez, der Marie Antoinette's letzte Hoffnung und ihre letzte Enttäuschung
war, und endlich das fleischgewordene Prinzip der Unbestechlichkeit
: Kobespierre, vor dem die Königin einen Augenblick
lang schwach wurde. Greifbar nahe rückt das Werk alle diese
Charaktere in ihrem gewaltigen Planen und ihren gewaltigen Gebundenheiten
. Die Machenschaften der Parteien, die Treibereien
innerhalb der Fraktionen, der Aufeinanderprall sozialer und ideeller
Gegensätze, das Rasen der losgebundenen Triebkräfte in den Greueln
der Septembermorde und den Ausschreitungen des Vernunftkultus
sind zu packenden Szenen verdichtet. Stets jedoch geht Freimarks
Darstellung in die Tiefe und legt die Wurzeln der Erscheinungen
bloß. Und immer geschieht es mit dem Ernste einer Verpflichtung,
die sich bewußt ist, die Geschehnisse nicht nur nachbilden zu dürfen,
sondern zugleich in ihrer allgemein menschheitlichen Bedeutung voi-
bilden zu müssen. So ist eine lebenswahre spannende Schilderung
der großen französischen Revolution entstanden, die unsern Lesern
bestens empfohlen sei. Besonders fesselnd für diese dürften die eingetroffenen
Prophezeiungen der Somnambule Suzette Labrousse, sowie
die Stellungnahme des seelisch tiefblickenden Verfassers über
den schwer zu ergründenden Charakter von Maximilien Bobespierre,
den unversöhnlichen Schwärmer für Bousseau's] Tugendideal, sein,
über welchen er schon früher eine historisch psychologische Studie
im Heft 61 der „Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens" (Wiesbaden
1913) veröffentlicht hat. Die hochinteressanten Abbildungen
sind nach den besten Originalen meist zeitgenössischer Künstler gemacht
. — Dr. —r.
Die Toten leben! Eigene Erlebnisse von H. Olhaver. 205 S. August
Karl Tesmer, Verlagsanstalt, Hamburg (Alsterdamm 16—19.) 1916. —
Verf. schildert in dieser gut geschriebenen Bekenntnisschrift
die Erfahrungen, die er selbst im Jahre 1890 mit dem damals
23 jährigen Medium Frl. Tambke, der Tochter eines jetzt 79 jährigen
Schiffszimmermanns, auf Wilhelmsburg, einer von der Noraer- und
Süderelbe begrenzten Elbinsel zwischen Hamburg und Harburg, gemacht
hat. Außer Hellsehen und Tischklopfen erfolgten in den
Dunkelsitzungen Apporte, beschleunigtes Pflanzenwachstum, mediu-
mistisches Schreiben und Materialisationen, auch mit Heilmagnetismus
erzielte Frl. Tambke, die vom 28. Mai bis zum 9. Juni 1894
auch in München in der Familie des Herrn Dr. v. Arnhard einige
leider durch Unwohlsein des Mediums beeinträchtigte Sitzungen
gab, über welche s. Z. Freiherr Dr. Karl du Prel in der Berliner
Wochenschrift „Zukunftu unter der Ueberschrift „Nekromantie in
München" Bericht erstattet hat, bedeutende Erfolge. Carl Riesewetter
nennt in seiner „Geschichte des neueren Oceultismus* irrtümlicher
Weise Frl. Tambke ein „Cyriax'sches Medium". Der von
Kiesewetter stets in den schärfsten Ausdrücken gegeißelte amerikanische
Arzt Dr. Cyriax*) hat aber nur ein einziges Mal einer
*) Dr. med. Bernhard Cyriax (geb. 1822, gest. 1896 in Friedenau bei
Berlin) gründete nach seiner Rückkehr aus Amerika 1882 die »Neuen Spiritualistischen
Blätter« (seit 1897 verschmolzen mit der »Zeitschrift für Spiritismus
«) und schrieb eine Selbstbiographie: »Wie ich Spiritualist geworden
bin» (153 S., Leipzig, O. Mutze, 2. Aufl. Preis M. i#20, geb. M. 2.—.)
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