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Scheminzky: Emanationslehre und Psychologie. 469
Nervenganglion bestanden habe, das demgemäß für alle Wellenlängen
empfindlich sein mußte. Im Sinne einer höheren Entwicklung
differenzierte es sich zu den einzelnen Sinnesorganen, von
denen nun jedes nur für eine Gruppe von Wellenlängen angepaßt
war. Auf diese Weise wurde ein allerdings komplizierter Sinnesapparat
bei höchster Leistungsfähigkeit geschaffen.
Aus diesen theoretischen Erörterungen ergibt sich eine natürliche
Erklärung der Sensitivität. Es gibt in der Natur nichts
Sprunghaftes, sondern es finden stets Übergänge statt. So ist auch
die Empfindlichkeit unsererer Sinne nicht abgezirkelt worden, bei
manchem geht sie über das Mittelmaß hinaus, wie sie bei andern
dasselbe nicht einmal erreicht. Die Sensitivität ist daher eine
rudimentäre Erscheinung aus der Zeit der Sinnesdifferenzierung, welche
im Laufe der Z?iten zu Gunsten einer höheren Entwicklung zu
verschwinden droht.
Ein anderes Problem der Psychologie wäre das Theorem
der Seele, Nach der psychologischen Definition ist die Seele die
Summe aller Bewußtseinsvorgänge. Durch diese Definition haben
wir natürlich das Wesen der Seele nicht erklärt. Und gerade
die Kenntnis vom Wesen der Seele würde unserer Wissenschaft
viel nützen. Wir haben eine Seelentheorie, die alle Erscheinungen
erklärt, und die eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Emanationslehre
aufweist. Es ist die Seelentheorie von Prof. Dr. Gust. Jäger.
Es sei mir hier gestattet, kujz auf diese noch zu wenig bekannte
und gewürdigte Theorie einzugehen *)
Jäger sieht die Einwirkung der Organismen aufeinander und
kommt dadurch zu dem Schlüsse, daß jedes Wesen von einer
materiellen Seele geleitet wird. Jedes Wesen hat aber ein individuelles
, spezifisches Leben, folglich muß auch die beeinflussende
Seele spezifisch sein. Es kommen daher als Seelensubstanz
nur die spezifischen Stoffe des Individuums in Betracht.
Als solche sind aber nur die Ausdünstungsstoffe zu erwähnen.
Jäger nimmt also an, daß die Seele des Individuums in dessen
Ausstrahlung enthalten sei. Es wird dem geneigten Leser schon
jetzt das Analogon der Jäger'schen Seele mit den Emanationen
in die Augen fallen,
Jäger bringt nun für die Behauptung, daß die Seele im Ausdünstungsdufte
enthalten sei, auch viele Beweise. Nach ihm ist
natürlich auch die Pflanze, ferner -— nach Ziehung der Konsequenzen
in Bezug auf die Emanationen auch die anorganische
Stoffwelt beseelt. Auch das Atom sendet Teilchen (Elektronen)
aus, es emaniert, folglich ist auch das Atom beseelt; wir kommen
*) Niedergelegt in dem Werke: „Die Entdeckung der Seele*
E. Günther, Leipzig.
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