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494 Psychische Studien. XLIIL Jahrg. 11. Heft. (November 1916).
ist schwer zu begreifen, wie ein so trauriges dummes Zeug au»
dem Gehirn eines so berühmten Gelehrten ausfließen korntte, von
einem, der noch kürzlich erst zeigte, daß er es besser wußte.
Einige kirchliche oder persönliche Gründe mögen möglicherweise
Schuld sein für das so plötzliche Schließen seiner Fensterläden»
für sein so unbegreifliches Sitzen im Dunklen, für einen so erbärmlichen
Widerruf braver und verständiger Worte noch vor einem
Monat. Wir selbst ziehen für unseren Gebrauch eine Philosophie
der Unsterblichkeit vor, die überreichlich unterstützt wird durch
viele zuverlässige Beweise, gegenüber einer solchen Theorie von
„weiser Verrücktheit" (wise madness), wenn sie auch in schönere
Worte gekleidet ist. —
Die „Psychie Gazette" (Juni 1916) sagt ferner: Wir haben das
Vergnügen mitzuteilen, daß Maeterlinck im letzten Monat kundgegeben
hat, er werde keine schnelle Änderung in seinen Ideen über
Unsterblichkeit ferner machen. Die Welt mag daher annehmen, daß
er mit seinen letzthin veröffentlichten Schlüssen zufrieden ist, daß
alles, was von uns übrig bleibt, beim Tode eine — wahrscheinlich
eine dahinschwindende — irgendwo im Gedächtnis eines Freundes
umherschleichende Rückerinnerung ist. O diese schwankenden
dilettantenhaften materialistischen Philosophen! Wie zufrieden sie
sind, mit wertlosen Kieseln zu spielen, während sie die glänzendsten
Edelsteine voll heller Wahrheit besitzen. —
[Der Ausspruch eines, wenn auch noch so genialen Dichters,
der mit seinen unverantwortlichen Äußerungen blindwütigen
Deutschenhasses gleich im Anfang des von der „Entente" seit
Jahren geplanten Überfalls auf unser Vaterland für jeden unbefangenen
Beurteiler hinreichend bewiesen hat, daß ihm jeder Sinn
für Wahrheit, Gerechtigkeit und ruhige Überlegung abgeht (vergl.
„Psych. Stud." 1914, Okt.-Heft S. 570 unsere Fußnote zu Hänig's
Aufsatz: „Maeterlinck, Vom Tode")* verdient überhaupt keine so
eingehende Besprechung und Würdigung von wissenschaftlicher
Seite. „Kein Mitleid mit den Deutschen l" verlangt Maeterlinck auch
jn seinem neuesten Buche „Das Wrack des Sturmes". Die Londoner
„Daily Mail" ist natürlich über das Buch entzückt. Nie dürfe
England sich träumen lassen, wenn die Stunde der Abrechnung
kommt, daß die abscheulichen Verbrechen deutscher Brutalität und
Raubgier in England vergessen werden. Keiner von den Verbündeten
habe diesen unerschütterlichen Entschluß nötiger als England, obgleich
es unter den deutschen Grausamkeiten nicht so zu leiden
habe. Man solle doch nicht sagen, es gebe in Deutschland einige
anständige Menschen und deshalb dürfe man es nicht ganz zugrunde
richten. Solche Sentimentalität wäre ein Verbrechen an der Menschheit
. Die Deutschen alle im Norden und Süden, im Osten und
Westen teilen die Schuld ihrer Führer. Ihre Grausamkeit sei kein '
Laster von gestern, kein Bestandteil der kaiserlichen Disziplin; was
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