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Groß: Wovon sich eure Schulweisheit nichts träumen läßt 533
[Es folgt hier der schon im November-Heft 1915 zum Abdruck
gelangte Originalbericht des Herrn Verfassers über ein Vorkommnis
von Telepathie in der Todesstunde, eine sich verwirklichende
Todesahnung und eine gleichfalls pünktlich erfüllte Todesvoraussage
. — Red.]
Daß jetzt während der Kriegszeit ähnliche Erlebnisse in
größerer Anzahl berichtet werden, besonders auch aus dem Felde,
darf uns nicht wundernehmen; denn in dieser Zeit der Nervenanspannung
und -Überspannung mögen sicherlich manche geistigen
Kräfte und Fähigkeiten ausgelöst werden, die in den ruhigen
Zeiten des Friedens wohl meist unter der Oberfläche, im Unterbewußtsein
, weitergeschlummert hätten; derartige Vorkommnisse
werden auch infolge ihrer Häufung vielfach jetzt ihrer wissenschaftlichen
Deutung näher kommen als früher.
Bedenklicher ist die Sache, wenn etwa Massenpsychose und
Massensuggestion eintritt, wie z. B. durch die bekannte Prophezeiung
des „Chiromanten, Astrologen und Graphologen K. Zanowsky
in Wien", der auf Grund „siebenmonatlicher, genauester astrologischer
Berechnung" den Tag des Friedensschlusses auf den
17. August dieses Jahres festsetzte und eine J 70jährige Friedensdauer
in Aussicht stellt.
Eine eigenartige Himmelserscheinung, die auch eine gewisse
Massenpsychose veranlaßte, haben wir übrigens hier im August
1914 in der Zeit des Vollmondes beobachten können. Es war in
der Zeit unserer ersten, stürmischen, siegreichen Offensive, wo die
Volksmengen bis in die späten Abendstunden durch die Straßen
wogten oder erwartungsvoll die Zeitungsgebäude belagerten. Etwa
um ein halb zehn Uhr abends zeigte sich die folgende Erscheinung,
die einwandsfrei von Hunderten beobachtet worden ist, zumal sie
fast eine Viertelstunde ruhig stehen blieb. Unter dem hochstehenden
Vollmonde lag eine langhingestreckte, auf dem Horizont
ruhende Wolkenwand, die, von oben beleuchtet, täuschend den
Anblick eines Schneefeldes oder auch eines reifen Erntefeldes
darbot. An der rechten Seite erhob sich aus diesem ebenen Felde
die Gestalt eines Feldgrauen, mit einer Pickelhaube, das Gewehr
bei Fuß, über das Erntefeld hinschauend. Das Wunderbare aber
war, daß diese Gestalt bis in die kleinsten Einzelheiten deutlich
war, Helm, Stirn, Nase, Mund, Arme, Gewehr und Tornister waren
mit völliger Klarheit ohne jeden Aufwand von Phantasie zu erkennen
. Am anderen Ende der Wolke war ein Bäumchen, das
eine gewisse Ähnlichkeit mit einer kleinen Fichte hatte, Zwischen
der Wolke aber und dem Monde hing, frei am Himmel schwebend,
in der hellen Beleuchung des Mondes, eine große arabische
Ziffer 3, ebenfalls deutlich erkennbar und nicht erst mit Hilfe der
Phantasie konstruierbar. Einer zeigte dem andern dies Wolkenphänomen
, das sich, wie gesagt, erst nach geraumer Zeit ver-
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