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536 Psychische Studien. XLIII. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1916.)
Ganz anders als Prof. Dessoir urteilte ein schwedischer Gelehrter
, der Rechtshistoriker und Geograph Prof. Rudolf
Kj eilen über Dr. Steiner, als er mit dessen Schrift: „Gedanken
während der Zeit des Krieges** Bekanntschaft gemacht
hatte: „Sie ist — schreibt Kjellen — um einen speziell deutschen
Ausdruck zu gebrauchen, eine vornehme Arbeit . . . Für mich
hat diese Schrift die Bekanntschaft mit einer der ausgeprägt
geistigen Persönlichkeiten der Gegenwart eingeleitet. Ich fühle
mich in meinem Wissen dadurch bereichert usw.**, so schreibt
Kjellen. So verschieden sind die Urteile. Derselbe Mann, dem
Prof. Dessoir nachsagt, daß er eine „Negerphilosophie** vertritt,
ist in den Augen Prof. Kjellens „eine der ausgeprägt geistigen
Persönlichkeiten der Gegenwart**.
Wie reimt sich das zusammen?
Das Jenseits und die christliche Hoffnung.
Von K onrad Falkeisen, evang. Pfarrer.
(Fortsetzung von Seite 427.)
Eine andere beachtenswerte Stelle, die hierher gehört, findet
sich im Propheten J esaia, Kap. 8, 19. Dort wird ebenfalls das
Befragen der Totenbeschwörer und Zeichendeuter verdammt. Man
soll denjenigen, die dazu auffordern wollen, antworten: „Soll
nicht ein Volk seinen Gott um Rat fragen?** — Auf welche Art
sollte nun Israel seinen Gott fragen, wenn nicht durch die ob-
genannten Einrichtungen, durch die Priester und die anerkannten
Seher und Propheten? Zu dieser Auffassung scheinen jedoch
unsere Theologen gar nicht zu gelangen. — In demselben Sinne
ist eine andere Stelle im selben Buche, Jes. 47, 12—15, aufzufassen
.
Ein englischer Theologe, Prof. G. A. Smith, hat sich zu
dieser Jesajastelle folgendermaßen geäußert: „Die Handhabung
dieser geheimen Künste übte auf den Intellekt des Volkes einen
ungünstigen Einfluß aus, brach seine ursprünglichen Gepflogenheiten
und verdarb sein Gewissen.** Ferner: „Das innere, wie
politische Leben des Volkes wurde durch die Stimme eines Orakels
gleichsam brachgelegt, indem ein Geist Antworten und Ratschläge
erteilte, welche zumeist auch in keiner Weise mit der Vernunft in
Einklang zu bringen waren.*' Ferner sollen die „Orakel das
Volk gleichsam entnervt und die Vorstellung eines allmächtigen
Gottes verdunkelt haben, weshalb die großen hebräischen Pro-
phelen, welche auch zugleich große Politiker waren, dagegen an-
kämpften und dem Volke War zu machen suchten, daß es sich
doch nicht solche Orakel zu seinem Führer auswählen dürfe,**
usw. . . . Soweit es die „wilde** Mantik und die schwarze Magie
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