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Literaturberieh t.
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mit, den er zu Dunstaffnage, ungefähr 300 Jahre vor Christi
Geburt niederlegte. Alle seine Nachkommen wurden auf diesem
steinernen Sitz gekrönt, und es war der Glaube verbreitet, daß
wenn der rechtmäßige Erbe sich darauf niederließ» der Stein
laute und melodische Töne von sich gäbe, dagegen schwiege,
wenn ein Prätendent sich darauf setze, um die Krone an sich zu
reißen. Dieser irische Schicksalsstein scheint nach den alten
irländischen Sagen sowohl Altar wie Götzenbild und Thron der
Könige gewesen zu sein, daher man ihn mit dreifacher Ehrfurcht
betrachtete. Eine Prophezeiung verknüpfte sein Schicksal mit
dem der schottischen Regenten-Familie; sie lautete dahin, daß,
wo der Stein sich befände, ein König von schottischer Abkunft
gekrönt werden würde. Deshalb ließ ihn Kenneth von
Dunstaffnage nach Scone schaffen, wo er über vierhundertfünfzig
Jahre hindurch bei der Krönung der schottischen Könige als Thron
gebraucht wurde, bis er durch Eduard I. nach England kam.
Literaturbericht.
Nachstehend besprochene Werke sind zu Originalpreisen durch die Buchhandlung
von Oswald Matze, Leipzig, Lindenstraße 4, zu beziehen.
Bücherbesprecbung.
Schatten und Licht. Neue Gedichte von Ernst Krauss. 56 8. Weckruf
-Verlag in Weimar (Woif von Kornatzki). Preis: M. 1,20. —
Der ansern Lesern als Mitarbeiter bestens bekannte schwäbische
Meistersänger bietet hier eine neue Reihe Perlen echter Lyrik dar.
Innigkeit keuschen Naturgefühls verbunden mit vollendeter Schönheit
derSprache und des Rhythmus, die sich namentlich in seiner Vorliebe
für melodische Anklänge und Wortmalerei äußert, ein durchweg
ungekünstelter Ton, der die tiefsten Geheimnisse einer göttlichen
Alliebe ahnen läßt, zeichnen auch diese Lieder, wie seine früher
schon besprochenen Sammlungen (Leben und Liebe", „Lieder der
Sehnsucht*, „Seelen, die zum Lichte führen*) aus. „Natur", „Schatten
und Licht*, „Sehnsucht*, „Liebe*, „Ecoline*, „Stimmungen aus
Holland*, wo der Verf. mit seiner liebreizenden Gattin, einer gottbegnadeten
holländischen Sängerin, zur Zeit lebt, sind die Gegenstände
seiner poetischen Ergüsse. Als Probe bringen wir ein offenbar
für letztere bestimmtes Gedicht: „Du bist die Liebe selbst | Und
trägst der Schönheit Kind in Deiner Seele. I Wie Sterne leuchten
Deine Augen rein und groß. Dein Gang ist schwebend wie ein
Morgenschleier, | Der lichtgedrängt sich auf ins Blaue schwingt.
Wenn Du die Stimme hebst, gehrs wie ein Leuchten | Durch alle
Bäume, die Du mit Deiner Anmut schmückst * Wie eine Blume. |
Dein Lied lockt Geister unsichtbarer Welten: | In Deinen Tönen
offenbart sich wundertätig ) Ihre Macht. | Der Erde selbst entrückt,
läßt Du die Seele | Auf Sehnsuchtsflügeln in die Weite schwingen, /
Heimst Seligkeiten ein von fernen Himmeln — I Und schenkst sie
uns., Du bist die Liebe selbst | Und trägst der Schönheit Kind in Deiner
Seele. | Auf Rosenwegen und im Sonnensegen | Wir alle gehn, |
Wenn Deine Seele singt. | — Wir können uns kein sinnigeres
Weihnachtsgeschenk, besonders für zartbesaitete weibliche Wesen,
denken, als dieses schmucke Büchlein, das den Leser für «ine Stunde
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