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2 Psychische Studien. XLIV. Jahrg. 1. Heft. (Januar 19170
In einer früheren Abhandlung habe ich eine Äußerung des
Prof. W. Ostwald angeführt, welcher entsprechend seiner energetischen
Weltati ff assung die nicht mehr zu leugnenden rätselhaften
Erscheinungen, die sich an gewisse Personen knüpfen, damit zu
erklären sucht, daß er sagt: „Gewisse Menschen vermögen ihren
physiologischen Energie-Vorrat (Vorrat an Lebenskraft) in andere
Formen zu verwandeln, die sie durch den Raum versenden und
an vorgeschriebenen Stellen in eine der bekannten Energien zurückverwandeln
können." Das heißt mit anderen Worten ungefähr
so: Gewisse Menschen können die Lebenskraft, die sie befähigt,
einen Tisch in ihrem Zimmer tax sehen oder diesen Tisch zu heben,
in die Ferne versenden, etwa von Europa nach Südamerika und
doit einen Tisch sehen oder heben, ohne daß sie deshalb persönlich
nach Südamerika zu reisen brauchen. Wir wollen diesen
Satz einmal gelten lassen, wenngleich uns Ostwald die Kraft nicht
namhafc machen kann, welche in dieser Weise auf Reisen geschickt
wird. Es genügt uns, durch Ostwald konstatiert zu wissen, daß
ein außerkörperliches Wahrnehmen und Wirken nicht bloß im Bereich
der naturwissenschaftlichen Möglichkeiten liegt, sondern auch
tatsächlich vorkommt.
Einen erheblichen Schritt weiter führt uns schon der im
vorigen Jahre verstorbene Direktor der Polytechnischen Hochschule
in Paris, Albert de Rochas in seinen experimentellen und historischen
Studien über „Die Ausscheidung des Empfindungsvermögens
". Rochas hat nachgewiesen (und seine Nachweise sind
auch von andern Seiten bestätigt worden), daß das Empfindungsvermögen
bei Somnambulen oder hypnotisierten Personen aus dem
Körper vollkommen ausgeschieden und an beliebige Stellen außerhalb
des Körpers verlegt werden kann, so daß z. B. der Körper,
wenn man ihn mit einer Nadel sticht, nichts empfindet, während
der Stich empfunden wird, wenn man ihn gegen die vom Körper
entfernte Empfindungsschicht führt. Es ist selbstverständlich, daß
ein so angesehener und befähigter Physiker wie Rochas alle Vorsichtsmaßregeln
angewandt hat, um bei diesen Experimenten die
Suggestion fernzuhalten. Der Vorgang der Nachaußenlegung des
Empfindungsvermögens erfolgte in der Art, daß^ sich zunächst um
die Versuchsperson verschiedene Empfindungsschichten bildeten,
die sich allmählich auf beiden Körperseiten zu Empfindungszonen
verdichteten, welche sich schließlich im hypnotischen Tiefschlaf
zu einem unsichtbaren Doppel körper an der linken Leibesseite vereinigten
. Um festzustellen, ob dieser mit dem gewöhnlichen Auge
unsichtbare Doppelkörper Objektivität besitzt, d. h. ob er nicht
auf Einbildung beruht, machte Rochas sogar photographische Versuche
mit besonders präparierten Platten und erzielte Erfolge,
wenn auch noch sehr unvollkommene. Diese Erfolge veranlaßten
seinen Mitarbeiter, H. Durville, die Experimente fortzusetzen und
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