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Iiiig: Lebt die Seele nach dem Tode fort? 7
daher sein muß in seinen Urteilen. Vorsichtig freilich in jeder
Hinsicht, denn es ist nach meiner Ansicht ebenso übereilt, alle Erscheinungen
Verstorbener durch Übertragung von Gedankenbildern
zu erklären, wie es übereilt ist, diese Erscheinungen durchweg für
wirkliche Erscheinungen von Geistern zu halten. Wenn irgendwo,
so gilt an dieser Stelle das Wort: „Prüfet die Geister!" Nach
dem, was bis jetzt in diesen Abhandlungen ausgeführt wurde,
wäre es nicht wissenschaftlich, zu erklären: Die Fortdauer der
Seele nach dem Tod ist bewiesen. Aber andererseits muß auch
gesagt werden, daß es nicht wissenschaftlich ist, wenn Prof.
Morselli kurzweg erklärt: „Diese unverständlichen Kräfte und
Fähigkeiten verschwinden mit der Vernichtung des sie erzeugenden
Mechanismus (womit er den Körper meint) und haben daher
kein Überleben. Den innersten wesentlichen Dynamismus solcher
Fähigkeiten kennen wir nicht." Dieser Satz enthält einen Wider-
spruch. Denn wenn wir „den innersten wesentlichen Dynamismus
nicht kennen", woher nehmen wir dann das Recht, vornweg zu erklären
, daß er den Körper nicht überlebte Morselli verfällt hier
mit allen Gelehrten seiner Richtung in den Fehler, die exaktnaturwissenschaftliche
Methode auf die Erforschung und Erklärung
eines Problems anzuwenden, das erwiesenermaßen unsere sinnliche
Erscheinungswelt und also auch den Rahmen unserer Erfahrung
und unseres Denkens weit überragt. Ich habe daher mit voller
Absicht in der Einleitung meiner Schlußbetrachtungen die Grenzen
unserer normalen Erkenntnismöglichkeit aufgezeigt im Gegensatz
zu den Erkenntnismöglichkeiten unserer Seele, die ein Wesen ist,
welches sich nicht in den Rahmen der auf die materielle Erscheinungswelt
passenden Gesetzmäßigkeit einzwängen läßt. Wenn
auf Grund dieser Gesetzmäßigkeit gesagt werden muß, daß die
Funktionen körperlicher Organismen mit dem Tod oder Zerfall
dieser Organismen ebenfalls ein Ende nehmen, so kann das in
dieser Allgemeinheit eben doch nur von den Gebilden und Erscheinungen
materieller Art gesagt werden, die uns in räumlicher
und zeitlicher Umgrenzung erscheinen, nicht aber von Lebensformen
und Erscheinungen, die nachweislich nicht an Raum und
Zeit gebunden sind. Wir sind also trotz der geistreichen Feststellungen
von Morselli, Ochorowicz. Richet und Schrenck-Notzing
in der Lösung der Rätselfragen, auf die wir eine Antwort suchen,
nicht klüger geworden, wenn sie uns auch bedeutsame Lichter auf
die dunkeln Wege werfen, auf die uns unser Suchen führt. Womit
will Morselli, der „diese unverständlichen Kräfte und Fähigkeiten**
mit dem Tode der Person, von der sie ausgehen, für beendet erklärt
, die merkwürdige — und meines Erachtens noch viel zu wenig
berücksichtigte — Tatsache erklären, daß „diese unverständlichen
Kräfte und Fähigkeiten** auch an gewisse Örtlichkeiten, namentlich
an Gebäude gebunden sind, die man allgemein unter dem Namen
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