Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
44. Jahrgang.1917
Seite: 26
(PDF, 154 MB)
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26 Psychische Studien. XLIV. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1917.)

Natur vornehmlich überall da, wo sie frei walten kann und den
plumpen Eingriffen des menschlichen Verstandes nicht ausgesetzt
ist. Im Menschenleben wird sie uns hauptsächlich nur in der
Kunst fühlbar, insbesonders in der Tonkunst, was begreiflich
erscheint, nachdem es nach Shakespeare eben wieder die Natur ist,
welcher wir in der wahren Kunst begegnen. Im sozialen Leben
der Menschen, wo anstatt Ordnung Verwirrung, anstatt Eintracht
Zwietracht herrscht, macht sich der Mangel an natürlicher Tendenz
zur Harmonie besonders bemerkbar, und da sie nicht bloß auf den
Organismus, den Kosmos, die untermenschliche Natur und die
Kunst beschränkt sein kann, sondern schlechterdings universal
sein muß, so wird man logischerweise schließen müssen, daß sie
sich hier aus irgend einem Grunde nicht wirksam zeigen kann.
Der Grund ist leicht einzusehen. Die Natur kann sich nur da
äußern, wo sie herrscht; nicht aber dort, wo sie durch Unnatur
verdrängt worden ist. Ihre Tendenz zur Harmonie, die ihren Ursprung
in ihrer mystischen oder Nachtseite hat, kann in einer
Gesellschaft nicht zur Geltung kommen, die sich vorsätzlich von
ihr abschließt und nur ein bewußtes Tagleben anerkennt und
kultiviert, ein Tagleben, in dem eine vom Egoismus zur Höchst-
leistung aufgestachelte Intelligenz eine dem Sinnesgenuß und der
Üppigkeit dienende Zivilisation entwickelte, welche iede natürliche
Kultur überwucherte und erstickte.

Die Zivilisation brachte es mit sich, daß auch die Religion
immer mehr außer Fühlung mit der Natur und ihrer mystischen
Seile kam und zuletzt in Formalismus aufging. Der Supranatura-
lismus des Christentums, der von der irrigen Voraussetzung ausgeht
, daß eine übernatürliche allgemeine Entartung besteht, die
nur durch ein übernatürliches Erlösungswerk wieder beseitigt
werden kann, hat, indem er das Harmonisationsprinzip aus der
Natur über die Natur hinausverlegte, ebenfalls nur zur Lahmlegung
desselben beigetragen.

„Die Juden haben euch die Welt verpfuscht.
Der Segensgeist der Inder und Hellenen
Ist ungenutzt an euch vorbeigehusoht;
Nun muß die Zeit ob eurer Dummheit gähnen.
Die Juden taten's, die Messiasnarren
Verfuhren euch so tief und fest den Karren.
Messias heißt der Keil, den sie getrieben
Hinein, wo Mensch sich und Natur berührten;
Getrennt ist sie nun hier, er dort geblieben,

Seit auf dem Felde sangen blöde Hirten.--

Nun sind erstorben euch urkräftige Triebe,
Verwelkt die wunderbaren Herzensblüten,
Die starken Lieder, zaubervollen Mythen,
Die götterzeugende gewaltige Liebe.
Verraten ward Natur, und ihr Vertrauen


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