Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
44. Jahrgang.1917
Seite: 29
(PDF, 154 MB)
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Kaindi: üeber negativen und posiven Eudämonismus. 29

keit gehemmt ist. Die Tendenz der Natur zur Harmonie, die man
im leiblichen Organismus als Naturheilkraft bezeichnet, offenbart
sich im sozialen Organismus durch das Bewußtsein einer allgemeinen
Zusammengehörigkeit und Solidarität, durch besondere und
allgemeine Sympathie, durch Liebe zum Nächsten, zur Natur und
allen ihren Geschöpfen, und durch das Bedürfnis nach universeller
Gerechtigkeit.

Mit der unter dem Antrieb der Eigenliebe sich vollziehenden
exklusiven Entwicklung des Verstandeslebens und seiner äußeren
Verkörperung, der Zivilisation, kam der Mensch allmählich immer
mehr außer Fühlung mit der inneren mystischen Seite seiner
eigenen und der Gesamlnatur. Die durch seine egoistische Tendenz
an und für sich cchon antisozial und antimoralisch wirkende
Grundkrafl der Individualismen bildet infolge der unter ihrem
Antriebe sich stetig schärfenden Verstandeskraft eine kontinuierlich
wachsende Gefahr für individuelle und soziale Harmonie und insofern
davon das wahre Glück abhängt, auch für individuelles und
allgemeines Glück. So ist der Mensch durch eine einseitige Ausbildung
seines Wesens heute dahin gelangt, daß man mit Goethes
Mephisto von ihm behaupten kann:

„Ihn sättigt keine Lubt, ihm g'nügt kein Glück,
So buhlt er fort nach wechselnden Gestalten;
Den letzten, schlechten, schweren Augenblick,
Der Arme wünscht ihn festzuhalten/

Die so geschaffenen Zustände individueller und sozialer Disharmonie
bilden den Boden, in welchem der Pessimismus gedeiht
und in dem auch das philosophische System Hartmanns eines
negativen Eudämonismus seinen Ursprung hat.

Der Pessimismus als Weltanschauung hätte nur eine Be-
rechtigung, wofern sich nachweisen ließe, daß die irdische Dis-
harmonie eine essentielle Erscheinung ist, d. h. eine im innersten
Wesen der Weltsubstanz, im Weltgeist, begründete; wogegen er
sich als unhaltbar erweisen müßte, wenn sich ergeben sollte, daß
sie nur eine akzidentelle Erscheinung ist, d. h. eine solche, die
nicht in der Natur des Allgeistes, sondern in der Natur des Weltoder
Individualisations-Prozesses ihren Ursprung hat.

Der Beweis, daß die auf Erden herrschende Disharmonie nur
eine akzidentelle Erscheinung sein kann, wird durch die Tatsache
erbracht, daß sich im freien Walten der Natur allenthalben eine
ausgesprochene Tendenz zur Harmonie offenbart, die irdische Dis-
harmonie also demnach nur als die Folge einer Beeinträchtigung
oder Hemmung der harmonisierenden Tendenz durch eine ihr konträre
und zurzeit überlegene Tendenz betrachtet werden kann.

Wenn man sich vergegenwärtigt, daß der Weltprozeß sich in
seinem Verlaufe als ein Individualisationsprozeß entpuppt, und
wenn man ferner bedenkt, daß die Individualisierung hauptsächlich


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