Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
44. Jahrgang.1917
Seite: 70
(PDF, 154 MB)
Bibliographische Information
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70 Psychische Studien. XLIV. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1917.)

nicht mehr in Versen, sondern in Prosa zu sprechen. Damit \er
loren die Orakel viel an Ansehen. Der Grund war, daß sie in den
alltäglichsten Angelegenheiten in Anspruch genommen wurden, so
daß der kunstvolle Vers in keinem Verhältnisse zu seinem Inhalte
stand. Hierdurch wurde die hohe Begeisterung der Priesterinnen
entweiht und sie wurden unfähig zur Verzückung.

Viele Orakelsprüche war**n sehr zweideutig. „Die Sprache
der Orakel war oft eine dunkle Bildersprache, die solange unverständlich
blieb, bis der Ausgang der Sache die Dunkelheit aufrollte
. — Dieselbe dunkle Sprache finden wir bei den Prophezeiungen
des Alten Testamentes und in den Vierzeilern des Nostra-
damus. Von den schamanischen Zaubereien wird gesagt, daß
ihre Sprache oft so dunkel und poetisch lautete, daß der Dolmetscher
sie nicht zu übersetzen vermochte.*'

Wir müssen dies feststellen, ohne es uns erklären zu können
Trotzdem sagt Dr. M. Kemmerich 'on Nostradamus, „daß er die
Zukunlt enthüllen konnte, wie niemand vor ihm oder nach ihm,
von dem wir wissen. Er ist eines der größten Genies der Wehgeschichte
."

Wie unsere Somnambulen nach dem Erwachen nichts \on
dem wissen, was sie im somnambulen Zustande erlebten und
sagten, so erwachten auch die griechischen Pythien erirmerungs
los. Auch darin glichen sie unseren Somnambulen Manche
Orakel waren wirkliche Schlaforakel, /. B. das zu Theben, das
des Amphiaraus. Im Schlafe wurde den Fragenden die Zukunit
enthüllt, ebenso wie unseren Somnambulen.

In der Höhle des Trophonius bei Lebadäa in Böotien stiegen
die Besuchenden in eine Höhle hinab und erhielten in einem Zustand
zwischen Schlaf und Wachen die erbetene Aufklärung.

In dieser Höhle erhielt Timarchus Aufschluß über den
Dämon des Sokrates, der die einzige richtige Lösung dieses
Rätsels enthält: der Dämon des Sokrates sei dessen eigene Seele,
also -- zeitgemäß gespiochen - sein eigenes unterbewußtes Ich,
sein „transcendentales Subjekt.4* Nun wird uns auch die Tempelinschrift
zu Delphi versländlich. „Erkenne dich selbst!'/

Die alten Griechen kannten den Somnambulismus viel zu genau
, um sich mit dem zu begnügen, was unser Tagesbewußtsein
uns von unsere i Persönlichkeit enthüllt. Sie stiegen durch den
Somnambulismus in die Tiefen der Seele hinab und fanden dort
das wahre Wesen der Persönlichkeit: das unterbewußte höhere
Ich. Sie erkannten, daß „das sinnliche Selbstbewußtsein nicht
unser Wesen erschöpft; daß der Mensch die Darstellungsform
eines übersinnlichen Ichs ist. das jedoch nicht ganz in diese irdische
Erscheinung versenkt ist.

Dies ist es, was die Inschrift am Tempel /u Delphi sagen
wollte. —

(Fortsetzung folgt.)


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