Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
44. Jahrgang.1917
Seite: 107
(PDF, 154 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Krauß: Der prophetische Traum

107

aus der Tasche und schrieb ein Lied darauf, das die Stimmung
dieser Lichtverklärung wiedergab. —

Weiter weiß ich nichts, denn die Morgenpost rüttelte an der
Haustüre — solange hatte ich mich verschlafen! — und es kostete
viel Mühe, mich wieder ganz ins materielle Dasein zurückzufinden.

Hier aber auf der Höhe, über dem braunen Wogen tauchte
das Lied wieder Vor mir auf. Versonnen lief ich ein Stück weiter
auf dem Hügelrücken und kam so fast unbewußt auf die höhere
Düne. Wache Träumer sind oft noch viel tiefer in Abwesenheit:
sie überhören Stimmen, Laute, sehen oft mit offenen Augen über
das Allernächste hinweg, ohne daß sie es wissen. So lief ich über
die Höhen und schaute in die Tiefe, in das braune Wogen der
Birkenwälder, das ich eigentlich mehr ahnte und fühlte, als sah,
denn mein Blick war ins Wesenlose gerichtet, ins irdische Wesenlose
: ins geistige All. Plötzlich fühlte ich in mir ein Rieseln, erst
kalt, dann heiß. Ich fürchte mich nie. Aber es war fast wie ein
Bangen — und doch wieder wie ein freudiges Erschauern. Unwillkürlich
drehte ich mich um:

Mein Blut stockte einen Augenblick, um darauf in rasender
Jagd durch den Körper zu glühen. Ein Erschauern, wie ichs nie
zuvor so gewaltig fühlte Und dann ein Schrei. Ein langer, aus
Schreck in Jubel übergegangener Schrei, den ich nie vergessen
werde. Ein Wunder geschah! Dicht vor meinen Augen und
faßbar meinen leiblichen Sinnen.

Da lag es vor mir! Das Wunder. Das Bild. Der Traum: hier
war es wieder! Aber in Wirklichkeit. Der Traum, den ich drei
Tage zuvor nach der Sturmnacht erlebte. Eine Liehtverklärung.
sondergleichen: Der Himmel gelbgrün, silberbläuliches und rötlichgrünes
Licht über die Hügelkämme laufend, hinter denen in feinen
Nebelgeistern die Türme und Häusergruppen des Traumes aufwuchsen
: lichtüberströmt, unwirklich — verklärt. . . Und rechts
das Meer. Dasselbe leise, weichblaue, gold- und violettgrünlich
überschimmerte Spiegelzittern, wie der Traum es zeigte.

Ich griff mir an den Kopf, ob ich es auch wirklich bin, oder
ob ich nicht in Schlaf gesunken wäre und wieder träumte. Aber
nein! Alles war Wirklichkeit.

In dem freudigen Schreck vergaß ich das Lied, das nicht
wieder vor die Sinnenwelt trat, wohl aber im Unterbewußtsein als
ein Ahnen fortdämmert und wie ein leises Streicheln um die Seele
schwebt. —

Es waren der Leuchtturm, einer der Kirchtürme und verschiedene
Villen des Seebades Egmond, die in dem eigenartigen
Licht- und Nebelweben solche Traumgestalten annahmen. Das
Licht aber — es lief, bis die Sonne im eigenen Goldgelb versunken
war, wundersam über das Wechsel volle Hügel wogen der Dünen-
iandschaft und jeder Grashalm blitzte und strahlte blau, rotgrün


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