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1:32 Psychische Studien. XL1V. Jahrg 3.-4. Heft (März-April 1917.i
lange man höchstens nur Fähigkeiten aufweisen kann, wie sie da«
Leben tausendfach zur Entwicklung bringt, hat man kein Recht,
von einem Werl und Zweck der Geheimschulung zu reden. Die
wenigen scheinbar günstigen Resultate kommen gegenüber de*
fülle der Mißerfolge gar nicht in Betracht.
Doch nun zur Schulung selbst. Die von Steiner angenommenen
Schüler erhalten spezielle Übungen oder Meditationen
, die genau der geistigen Art der Schüler-Individualität
entsprechen müssen. So erhielt beispielsweise ein Schüler die
Übung, mit einer entsprechenden Drehung des Kopfes nach rechts
oder links, die Meditationsworte: „Ich sicher", oder: „Ich standhaft
*' zu denken. Dann gibt es Meditationen, die viele Schüler
gemeinsam erhalten haben, z. B.: „Es denkt mich — es webt
mich — es wirkt mich". In meinen „Anthroposophischen Wahrheiten
" (Verlag Dr. Vollrath, Leipzig) sind noch andere Beispiele
angeführt. Die meisten Schüler machen schon viele Jahre diese
Übungen, ohne auch nur das Geringste von Erfolg zu verspüren.
Dafür merkt ihn aber der Lehrer, der vorgib*, durch sein Seher-
tum die Fortschritte des Schülers, die langsame Entwicklung der
geistigen Hellseherorgane beobachten zu können. Der Schüler
wird nun, scheinbar entsprechend seinem Reifegrade, zu intimeren
Vorträgen Dr. Steiners zugelassen. Der Hauptunterschied zwischen
den Logen Vorträgen und den, mit Gebeten ein- und ausgeleiteten,
Ansprachen in dem E. S.-Schülerkveise, besteht in der A*nrede:
„Meine lieben Schwestern und Brüder". Darüber ^ hinaus gibt es
den F. M.-Kreis, zu dem sich aber nicht „jeder" die Reife erwerben
kann, weil man dazu den nötigen Mammon, 120 Mark,
zum Eintritt braucht. Durch diese äußere Stufeneinteilung vermag
Dr. Steiner einen pädagogischen Druck auf seine Schülei
auszuüben, der aber nur eine Form eines okkulten „Machtgelüstes
" und keiner einsichtsvollen Pädagogik 7 \ sein scheint.
Man braucht sich nur den in meinen „Anthroposophischen Wahrheiten
" erwähnten Fall von dem „Siegelbewahrer" anzusehen, um
einen Einblick in Steiners Erziehungskunst zu erhalten Würde
es ihm wirklich um eine wahre und freie geistige Höherentwicklung
seiner Schüler zu tun sein, dann würde er ihnen nicht so viele
kecke Behauptungen zumuten, die gegen jede gesunde Vernunft
verstoßen. Dafür dürften die von Herin*Hofrai Seiling gegebenen
Belege schon genügen. Steiner scheint mit Recht, die
von seinen Lockmitteln „blindgläubig" gemachten Schüler fm so
urteilsunfähig zu halten, daß er es wagen konnte, sich gegen di~
Beschuldigung, schwarzer Magier zu sein, in auffallend roher
Weise zu rechtfertigen. Er erklärte dabei seinen Anhängein, wie
sich solche Magier in der Sucht ausleben, in lebendes Fleisch zu
schneiden, wobei sie ihre Opfer soviel als möglich quälen. Ritt*"-
Blaubart, der 800 Kinder geschlachtet haben soll, wurde als Bei-
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