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ßamler: Dr. Hteiners Geheimschulung.
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Seele, desto gegliederter, mannigfaltiger, farbenreicher ist die
Aura. Diese Wirkung des Ich auf die Aura
kann der „Sehende** schauen. Das „Ich**
selbst ist auch ihm unsichtbar; dieses ist wirklich in dem „verhangenen
Allerheiligsten des Menschen** (2. Aufl. S. 35). Wenn
also der „sehende** Geheimlehrer die Wirkung des Ich an der
Aura schauen kann, dann muß er auch die Wirkung der Übungen,
die das „wollende Ich** ausführt, beobachten können, gleichgültig
ob ihm das Ich selbst unsichtbar ist, oder nicht. Steiner
behauptet ja ausdrücklich von dem „Sehen der Aura Zeugnis durch
Erfahrung ablegen** zu können. Zeigt schon dies, wie „gründlich**
jener Verteidiger Steiner's denken kann, so kann man auch be-
weisen, wie „bewandert** er in den Schriften seines Lehrers ist,
der nochmals (Luz.-Gnos. S. 229) schreibt: „Der Geheimlehrer
hat ganz andere Quellen zur Beurteilung der Fortschritte4*, als die
„dhekten Mitteilungen** der Schüler. Um aber den Berliner Verteidiger
vollständig zurückzuweisen, genügt der Steiner-Satz: „Ein
Geheimlehrer, der jemand einen Rat, oder eine Anweisung gibt,
wird immer zugleich sagen, was durch die Befolgung in
Leib, Seele und Geist desjenigen eintritt, der nach höherer Erkenntnis
strebt" (Luz.-Gnos. S. 225). Könnte Dr. Steiner diese
Wirkung nicht „sehen", dann dürfte er sich auf keinen Fall als
einen Geheimlehrer ausgeben; denn dazu ist eben eine direkte
oder indirekte Erkenntnis des Ich-Wesens des Schülers unbedingt
erforderlich, weil es nur dadurch möglich ist, spezielle, nur füi
die Individualität des Schülers passende Übungen zu finden und
zu verabreichen. Wäre es so, wie jener Berliner Schüler ent-
gegen den Behauptungen Steiner's gedankenlos annimmt, und
konnte man von dem hellsehenden Geheimlehrer ein fortgesetztes
Erkennen der Wirkungen der Übungen nicht verlangen, so wäre
die ganze Geheimschulung ein sich selbst widersprechender Unsinn
. Es zeigt sich wieder, wie die „treuen" Schüler Steiner's in
ihrer Verblendung die Totengräber ihrer eigenen Schulung sind.
Mit solchen Beispielen, die die traurigen Resultate der Schulung
offenbaren, könnte man ein dickes Buch füllen.
Aber das Unglaublichste hat in unserem Falle ein Münchener
Logenleiter geleistet, als er öffentlich („Das Reich'* 1916, I. Buch)
behauptet, die „Realität des Geistes*' erlebt zu haben, und von
dieser Höhe den ausgetretenen früheren Mitschüler und „lieben
Bruder" als pathologisch und abnorm veranlagt hinzustellen versucht
Damit hat dieser Logenleiter unsern Fall gerichtsreif gemacht
, weil man jetzt eine äußere, positive Unterlage hat,
Dr. Steiner des geistigen Betruges zu beschuldigen. Es handelt
sich jetzt einfach um die Frage: Ist das Wahrheit, was Dr. Steiner
in seiner Schrift: „Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten?"
und anderweitig dargestellt hat, oder sind es Vorspiegelungen, die
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