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"2B0 Psychische Studien. XLIV. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1917 )
g) fProf. Dr. Gustav Jäger. Der unerbittliche Schnitter
Tod hält jetzt reichliche Ernte. Einer der ältesten Leser und
eifrigsten Gönner der „Psych. Studien'4, eil kühner, völlig selbständiger
, mit köstlichem Humor begabter Entdecker auf naturwissenschaftlichem
und ärztlichem Gebiet, ist plötzlich abgeschieden.
Man schreibt uns aus Stuttgart, 14. Mai: Im Alter von 85 Jahren
ist gestern Nachmittag Prof. Dr. Gustav Jäger, der bekannte Zoologe
und wissenschaftliche Vertreter einer neuen Gesundheitslehre,
einem Schlaganfall, der ihn in seinem Garten ereilte, erlegen, Weit
über die Grenzen Deutschlands hinaus ist sein Name bekannt und
berühmt als der eines viel angegriffenen, schlagfertigen Verfechters
einer neuen Bekleidungsform, die er in dem Schlachtruf „Wer
weise, wählt Wolle" verkündete. Er ist der Begründer der Jäger-
schen „Normalkleidung'N hat als solcher Industrie und Handel lebhaft
und erfolgreich beeinflußt. Seine wissenschaftlichen Folgerungen
, seine Wetterberechnungen, insbesondere seine Lehre über
die Riech- und Duftstoffe sind bekannt und die Zahl seiner Anhänger
ist bedeutend. Gustav Jäger ist 1832 in Bürg bei Neuenstadt
a. d. Linde in Württemberg geboren und widmete sich anfänglich
der Theologie, später den Naturwissenschaften, namentlich
der Zoologie und vergleichenden Anatomie. 1858 habilitierte er
sich für diese beiden Fächer an der Wiener Universität wurde 18f>0
dort zugleich Direktor des Zoologischen Gartens uncf des See-
wasseraquanums und siedelte 1866 nach Stuttgart über, wo er zunächst
als Privatmann lebte. Im Jahr darauf erhielt er eine
Professur für Zoologie, später für Physiologie und Mikroskopie
an der landwirtschaftlichen Akademie Hohenheim, wurde dann
ordentlicher Professor am Polytechnikum und an der Tierärztlichen
Hochschule in Stuttgart und trat 1884 in den Ruhestand, um
sich ausschließlich seinen Arbeiten über Biologie und Gesundheilspflege
zu widmen. E>ne Fülle von Anregungen lag in seinen
Forschungen und Entdeckungen, die er durch unanfechtbare Tatsachen
und Versuche gestützt hat und die ihm einen hervorragenden
Platz in der Wissenschaft sichern, und er hat viel zum Wohle der
Gesamtheit im Dienste der Menschheit geleistet. Auch als Mensch,
als unbeugsamer Charakter, origirell in seinem ganzen Wesen, gehörte
Jäger zu den Zierden des Sehwabenlandes, das in ihm einen
Mann von Bedeutung verloren hat. Den Fragen, des Okkultismus
brachte der Verblichene stets das lebhafteste Interesse entgegen.
Seine bekanntesten Schriften sind „Entdeckung der Seeleu 3. Aufl.
(83;84) und „Mein System44 4. Aufl. 85); er war auch Herausgeber
der „Homöopath. Monatsblätter".
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