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Kuhn : Injecta.
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willkürlich lange im Magen, ist imstande unbehindert zu sprechen-
und sich zu bewegen und gibt diesen lebenden Mageninhalt in ganz
sauberer Weise, geräuschlos, ohne äußerlich erkennbare Brechbewegung
wieder heraus. Hermann W. fühlt keine Bewegung der
lebenden Tiere im Magen. Von Gulat-Wellenburg ließ ihn unter
anderem Münzen verschlucken, einmal zwei mit Baryumsulfat gefüllte
Kondomfingerlinge und dazu einen getöteten Frosch, ein andermal
eine längliche Rolle, geformt aus Chiffon von nahezu einem Meter
im Quadrat, und noch einen Operationsgummihandschuh. Alles gab
Hermann W. mühelos wieder heraus. Dabei zeigte sich der Magen
bei der Untersuchung mit Röntgenstrahlen eher kleiner als normal
und man ersieht hieraus, welch ganz außergewöhnliche Elastizität
der menschlische Magen besitzen kann und wie er also Dinge von
einer Größe beherbergen kann, die man früher zweifelsohne zu
den unglaublichsten Infectis gerechnet hätte.
„Einen der merkwürdigsten Fälle teilt Wier nach dem Bericht
des Johannes Lang (1485—1565), Leibarzt des Pfalzgrafen
bei Rhein und einer der berühmtesten Arzte des 16. Jahrhunderts,
mit. Lang war Zeuge der zu Weihnachten 1539 in dem Eichstädtchen
Ort Juggenstail vorgenommenen Sektion und sagt: . . . „Als
der Bauersmann [Ulrich Net<sesser] am dritten Tage begraben
werden sollte, öffneten Eucharius Rosenbader von Weißenburg
(Bayern) und der Bader Johann von Ettenstädt den Magen der
Leiche in Gegenwart einer großen Volksmenge und fanden in demselben
ein länglichrundes krummes Holz, vier eiserne, zum Teil
scharfe, zum Teil schartige Messer, zwei über spannenlange kantige
Eisenstücke und einen großen Haarknäuel.4* —- Lang kann sich nicht
enträtseln, wie so viele und große Gegenstände in dem weit kleineren
Magen Platz gehabt hätten, und meint natürlich, daß der Teufel
dabei das Seine getan habe4* (Kiesewetter S. 625). Für die Leistungsfähigkeit
und das Fassungsvermögen des menschlichen Magens
seien hier deshalb noch einige Beispiele angeführt. In der Berliner
klinischen Wochenschrift Nr. 10, 1914 wird berichtet, daß sich bei
Leuten, welche alkoholische Möbelpolitur getrunken hatten, im
Magen Schellacksteine von 1700- 2000 g Gewicht gefunden haben!
Bei der Operation eines „Messerschluekers" fanden sich nicht
weniger wie 19 Taschenmesser und ein Silberdollar im Magen. Der
Messerschlucker hatte in fünf Jahren 129 Taschenmesser verschluckt,
welche natürlich nach 2—3 Tagen, einige erst nach 3—15 Monaten
abgingen.
Einen sehr interessanten Fall, in welchem nach Kiesewetter
angeblich Apporte in wirkliche Injecta übergehen, erzählt Wier
(1567) in „De Praestigits Daemonumu Lib. IV., Cap. 7 und Kiesewetter
druckt auf S. 622—24 die unglaubliche Erzählung ab. Es
handelt sich um eine Magd, der ein langes spitzes Messer in den
Leib gehext worden sein sollte. Eji Jahr darauf wurde aus einem
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