Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
44. Jahrgang.1917
Seite: 370
(PDF, 154 MB)
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370 Psychische Stadien. XL1V. Jahra. 8.-0. Heft. (Auji.-Sept. 1917.)

Wer viel im Ausland gereist ist, wird sich nicht verhehlt haben,
dati ein Teil der Schuid an uns selber liegt. Der Deutsche war
bis zur Begründung des deutschen Reiches mehr* oder weniger gezwungen
, hinter Anderen Schutz zu suchen und sich selbst bescheiden
zurückzuhalten Das wurde seit 1870—71 anders. Das deutsche
Selbstgefühl war erwacht und suchte sich Luft zu machen. Natür
lieh war der Deutsche, wie jeder Neuling, der sich in eine geschlossene
Tafelrunde eindrängt, zunächst unw ülkommen. Das aber
pflegt sich, indem sich allmählich eine geänderte Ordnung wieder
herstellt, im allgemeinen mit der Zeit zu geben. Bei uns Deutschen
aber war dies leider nicht der Fall. Und daran sin3 wir, wie gesagt,
zum Teil selbst schuld. Nicht als Gesamtheit, sondern nur als Einzelner
. Die Machtentwicklung Deutschlands vollzog sich unter dem
Einfluß der Verhältnisse zu rasch, als daß ihr die Inrenkultur im
gleichen Schritte hätte folgen können. Mancher Deutsche zog
mit überspanntem Selbstgefühl und sagen wir es offen — mangelhafter
Lebensart hinaus in die Fremde. So schädigte er den
deutschen Namen und das deutsche Ansehen. )

Ich habe diese offene Wunde berührt, um nicht parteiisch zu erscheinen
. Auf daß es nicht heiße: Du siebest den Splitter in deines
Nächsten Auge und den Balken in Deinem eigenen nicht. H»er
aber ist wirklich der Splitter nur auf unserer Seite, der Balken
aber — ein Balken im wahren Sinne des Wortes — auf der Seite
unserer Gegner.

Denn daß wir im Ganzen nicht geliebt waren, haben wir gewußt
oder geahnt Diese Höllenglut von Haß und Feindschaft aber,
womit uns nahezu die ganze Welt jetzt seit Kriegsausbruch begeifert
, hat doch wohl Jeden von uns überrascht. Da, wo wir glauben
durften, Dank zu erwarten, lohntt uns Verrat und Heimtücke. Da,
wo wir aut ehrliche Anerkennung rechneten, stießen wir auf Verkennung
und Verständnislosigkeit für dem gesunden Menschenverstand
klar liegende Verhältnisse. Da, wo wir einer loyalen Gegnerschaft
uns gegenüber glauben durften, trat uns eine geradezu krankhafte
Gehäßigkeit, ein bis zum Wahnsinn gesteigerter Fanatismus
entgegen. Daß hieran nicht der Splitter in unserem Auge, sondern
der Balken im Auge der Andern die Schuld trägt, liegt auf der
flachen Hand.

Man hat diese Erscheinung politisch zu erklären versucht und
auf die Eifersucht Englands hingewiesen. England sieht nicht nur,
nein, es findet in der Tat in Deutschland etnen mächtigen Rivalen
auf dem Weltmarkte. Und so hat es denn mit schlauer Überlegung
und unter heuchlerischem Augenverdrehcn fast die ganze Welt zu
unserer Vernichtung gegen uns mobil zu machen verstanden. Leicht
war Frankreich zu gewinnen, dessen Prestigesucht man durch Vor-

*) Auch Unterzeichneter maehte auf seinen vielen Auslandreisen geinu dieselben
unliebsamen Erfahrungen mit taktlosen eigenen LamUleuten' Mai*»*.


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