http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1917/0397
Ganger: Ein Eingriff in das Seelenleben. 383
Ein Eingriff in das Seelenleben.
Von Oskar Ganser.
In meinem Aufsatze: „Kann der Mensch die Zukunft träumend
erschauen ?u erwähnte ich kurz die künstlich erzeugten Träume,
Der Traum bildet einen wichtigen Bestandteil unseres Seelenlebens,
weicher hinsichtlich seiner Bedeutung noch viel zu wenig erforscht
ist. Diese Schwierigkeiten in der Erforschung des Traumlebens
sind besonders in der verschiedenen seelischen Veranlagung des
einzelnen Menschen zu suchen. Es ist auch sehr schwer, ein Urteil
darüber zu fällen, warum dieser Mensch viel und lebhaft, der andere
dagegen nur w enig und verschwommen träumt. Ich habe an Hand
versch edener Erkundigungen festgestellt, daß die Intelligenz nur
eine schwache Wirkung auf die Traumbildung ausübt, und es darum
verkehrt ist anzunehmen, daß gebildete Leute mehr träumen als
ungebildete. Es liegt klar auf der Hand, daß hinsichtlich des
Bildungsumerschiedes auch der Inhalt des Traumes bei intelligenten
und weniger intelligenten Leuten sehr voneinander abweichen wird.
In den nun folgenden Ausführungen werde ich meine eigenen Erfahrungen
und Beobachtungen dem Leser mitteilen, die ich bei
meinen Experinientalversuehen zum Zwecke Erzeugung kunstlicher
Träume machte. Vorher gestatte man mir indessen noch einige
Vorbemerkungen, ehe ich zum eigentlichen Thema übergehe.
Unbegreiflich groß und unbegrenzt ist das Reich des Traumes.
Wir sind oft im Traume recht glücklich und froh, oftmals auch tief
betrübt. Was können wir nicht alles im Traume erleben. Es bedarf
wohl keiner weiteren Erwähnung, daß unruhige und beängstigende
Träume, wenn sie oft auftreten, schädigend auf das
Nervensystem einwirken oder doch den so notwendigen Schlaf und
die erforderliche Ruhe ungünstig beeinflussen. Solche unangenehmen
Träume finden wir sehr viel bei Neurasthenikern oder auch sonst
bei Leuten, die an Aufgeregtheit, Reizbarkeit usw. leiden. Wer
sich geistig überarbeitet, wird ebenfalls unangenehm träumen. Ls
ist für solche Leute am besten, wenn sie garnicht träumen, da sie
dann ihre Ruhe finden. Einen traumlosen Schlaf erzielt man leicht
durch Vermeidung des Alkohols und Nikotins überhaupt oder
durch Meiden dieser Gifte einige Stunden vor dem Schlafengehen
Auch vor Exzessen aller Art muß sich der Betreffende hüten.
Dann spielt auch das Essen eine große Rolle. Ein voller Magen
ist immer zu aufgeregten Träumen geneigt; darum genieße man
leichte Kost des Abends und nehme die Abendmahlzeit nicht zu
spät ein. Besonders wichtig ist auch die Einhaltung einer bestimmten
Zeit des Schlafengehens, nichts wirkt schädlicher auf das
Traumleben, besonders bei Neurasthenikern, ein, als Unregelmäßigkeiten
des Schlafengehens. Ich halte auf Grund meiner Erfahrungen
die Zeit zwischen 10 und 11 Uhr für sehr gut. Bei Befolgung
26
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1917/0397