Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
44. Jahrgang.1917
Seite: 414
(PDF, 154 MB)
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41t Psychische Studien. XLIV. Jahrg. 10. HAt (Oktober 1)17)

diente als Spinoza — und doch leugnete er als Pantheist die individuelle
Unsterblichkeit. Auch ist es keineswegs undenkbar, daß
viele, die aus Pflichtgefühl für das Vaterland in den Tod gegangen
sind, es mit der Vorstellung vom Tode als Vernichtung des Individuums
getan haben. Dann ist aber auch durch Kants Betrachtung
nicht bewiesen, daß die Annahme einer persönlichen Unsterblichkeit
ein unbedingtes sittliches Postulat sei, da ja nach seiner eigenen
Auffassung die Sittlichkeit auch ohne diese Annahme möglich ist.

Sollte sich aber die Unsterblichkeitslehre nicht auf andere
Weise als unumgängliches Postulat aufweisen lassen? Ich denke
dabei an die Art der Anschauung, die in dieser Frage für die all
täglche Auffassung am meisten entscheidend sein dürfte. Unser
Leben würde keinen Sinn haben, sagt man, wenn es mit dem Tode
zu Ende ginge. Wozu sind wir da, wenn wir nach kurzer Zeit
wieder in das Nichts zurückkehren? Was nützt es dann, hier zu
streben? Hätte man bei einer solchen Voraussetzung nicht volle
Veranlassung, dem alten leichtsinnigen Rate zu folgen: „Lasset
uns essen, trinken und fröhlich sein, denn morgen sind wir tot?u
Nein, soll unser Dasein wirklich eine Bedeutung haben, so muß es
sich üoer das Grab hinaus erstrecken. Die persönlich überzeugende
Kraft, die in diesem Gedankengange liegt, will ich nicht leugnen.
Liegt darin aber wirklich ein für den Verstand bindender Beweis
für individuelle Unsterblichkeit? Das würde allerdings, wenigstens
in gewissem Grade, der Fall sein, wenn man die Wirklichkeit nur
aus dem Gesichtspunkte des Individuums betrachten will. Aber
selbst wenn man die Unsterblichkeit für den Einzelnen leugnet,
kann man sie für das menschliche Geschlecht annehmen und kann
dann darin die Bedeutung des Lebens sehen. VielleiehUsind wir gar
nicht um unser selbst willen da, sind nur Glieder des großen
lebendigen Organismus - des Menschengeschlechts. In seinem
unendlichen Weltkampfe haben wir uns einzusetzen. Wir werden
geboren und wir sterben, die Menschheit besteht — und unser Zusammenhang
mit dem Leben der Menschheit allein ist es, was
unserm Leben eine tiefere Bedeutung verleiht. Töricht und vermessen
wäre es daher, für einen so verschwindenden Teil des
großen Ganzen ein unendliches Leben zu verlangen. Diese Erwägung
muß freilich unser Selbstgefühl herabsetzen. Dürfen wir
aber deshalb annehmen, daß das Individuum als solches unsterblich
sei ? Haben wir wirklich eine so fest begrenzte Individualität,
wie wir es uns gewöhnlich vorstellen? Werden wir nicht als
Teile des Organismus unserer Eltern geboren; sind nicht unsere
Anlagen als ein Erbe von ihnen bestimmt; und hängt es nicht von
unserem Platze in der Menschheit und der Natur ab, wie diese Anlagen
im späteren Leben gebraucht und entwickelt werden ? Wenn
man das bedenkt, verliert wohl auch dieser letzte Beweis seine
völlig bindende Kraft.


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