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494 Ps} dusche Htudien. XLIV. Jahrg. 11. Heft. (November 1917.)
als „das Sein* überhaupt; kyrnrisch: y n byd, bretonisch:
ar bed. Nüchterner sprechen Iren und Schotten von der
Welt als d 6 mlian (und vom Weltmeer als doimhne),
was nur eine Fläche zu bedeuten scheint, wie 1 o k a: Welt
im Sanskrit ursprünglich einen lichten, freien Platz gemeint
haben mag.
Allen diesen Namen liegt die Betrachtung des Weltgebäudes
zugrunde. Das Nachdenken kenn sich aber auch
auf den Weltgang richten, also auf Bewegung, mithin auf
die Zeit; denn wie Aristoteles definiert: Zeit ist Zahl der
Bewegung nach dem Vorher und Nachher. Die einfachste
Wurzel griechischer und lateinischer Wörter ist i, mit dem
Sinne des Gehens. Davon sind herzuleiten ahov (aivon)
und a e v u m mit aetas (aevitas). aeternum usw.,
wozu sich auch das altdeutsche ewe stellt. Zunächst beziehen
sich diese Ausdrücke auf die Zeit, die Zeitdauer,
das Alter des Menschen, aber auch auf lange Zeit, auf ein
Jahrhundert (wie holländisch eeuw ), auf Ewigkeit — nach
dem Vorher und Nachher; ab aeterno in aeternum
findet sieh z. B. bei Cicero. Und wiederum bezieht sich
auf das Alter, zunächst ein Menschenalter, eine Generation,
das Wort saeculum (seclum, wie seinen herzuleiten
von s e r o: ieh säe) das bei den Römern auf die
Zeit eines Jahrhunderts angewendet wurde und in den romanischen
Sprachen diese Bedeutung bewahrt hat. Doch
bezeichnet es auch die Welt, besonders die Sinnenwelt
dieser Zeitlichkeit, im Gegensatz zum Geistigen und Geistlichen
. Daher heißt „säkular*, was nicht kirchlich ist, und
vom „Tage des Zorns* wird verkündet, er werde die Zeitwelt
zu Asche zerstäuben: soJvet saeclum in favilla.
Wenn in deutscher Dichtung von „Aeonen44 geredet
wird, so sind unermeßliche Zeiträume gemeint; aber im
griechischen Sprachgebrauch, besonders in christlicher
Literatur, bedeutet das Wort, in Einzahl und Mehrzahl,
auch „die Welt* * o iiQycor rov ideoroj; tovtov : der Fürst
dieser Welt. Im Hebräerbrief 1, 2 wird gesagt, Gott habe
durch seinen Sohn die Welt gemacht: tovj; alwrac iTtoufitv
und Tatian meint, jenseits des Himmels, den er für begrenzt
hält, seien bessere Welten: clowh zQihzonq,
Im Hebräischen wird cheled (Dauer) vorzugsweise
von der Zeit gebraucht (in Luthers Uebersetzung heißt es
Psalm 49, 2: „die ihr in dieser Zeit iebt" — wo doch auch
an Welt gedacht werden kann), wie im Arabischen c h u 1 d:
Ewigkeit*); so auch hebr. o 1 ä m, das dann im Talmud die
*) So hätte wohl in Goethes West-östl. Dlvan „Chuld Nameh: Buch
des Paradieses" genauer durch,, Ewigkeitshuch" wiedergegeben werden können.
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