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Literaturbericht.
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tlebrigen wertvolle Bemerkungen und praktische Einzelheiten.
Als guter Beobachter, findiger und praktischer Empiriker, ist er in
der Lage, einzelne Mitteilungen zu machen z. B. über die Wirkung
der Kriegskost, denen ich bis jetzt in ärztlichen Veröffentlichungen
noch nicht begegnet bin. Seine diätetischen und sonstigen Vorschläge
zur Erhaltung der Gesundheit und Wiedererlangung der
verlorenen sind fast durchgehends gut zu heißen.
Freudenberg-Bonn-Mehlem.
Hypnotismus, Animismus und Psychanalyse. Historisch-kritische Versuche
. Von Leo Kaplan. Gr. 8°. 128 Seiten. Leipzig u. Wien
1917. Franz Deuticke Verlag. Preis brosch. 7.50 M.
In fünf Kapiteln: „Zur Entwicklungsgeschichte des Hypnotismus
, Suggestion und Hysterie, die Seele und das Unbewußte, die
ursprünglichen Ideen und die Wirklichkeit, die Seele und die
psychischen Reaktionen* behandelt der Verf. seinen Gegenstand.
„Die Probleme/ sc sagt er einleitend, „die den Gegenstand einer
Wissenschaft ausmachen, treten nicht sofort in voller Klarheit hervor
. Vielmehr wird um den bestimmten Probiemenkreis tastend
herumgegangen, mehr ahnend als bewußt überlegend. Die aufgestellten
Theorien wrerden in phantastische Gewänder gekleidet,
hinter denen sich dennoch oft sehr richtige Beobachtungen (und
darauf kommt es doch schließlich an) verbergen. Nur der wird
solche „vorwissenschaftliche* Stufen richtig beurteilen und würdigen
können, wer den Gelehrtenübermut einer späteren Epoche gänzlich
abzulegen versteht. Man muß die Not der Zeit und deren Geist
verstehen lernen/ In diesem Sinne, d. h. in möglichster Objektivität
, hat der Verf. seine Arbeit durchgeführt, sowohl was die
geschichtliche, als auch die gedankliche Seite seines Problems anbetrifft
. Er hat die einzelnen Gegenstände derselben solange in
seiner Hand hin und her geführt, bis er sich von seinem Standpunkt
, dem des reinen Realismus, aus ein deutliches Bild davon
machen konnte. So kommt er freilich zu einer Verwerfung des
Animismus, dem er als Gegner, aber nicht als Feind gegenüber
steht. Als Psychanalytiker im Sinne Freuds deckt er die nar-
zisstische, sich selbst vergötternde Wurzel des Animismus auf. „Der
Animismus", sagt er, „unterscheidet sich von unserer, sagen wir
realistischen Weltanschauung nicht durch die Armut der Erfahrung,
sondern vielmehr prinzipiell = die ursprünglichen (nicht ableitbaren
) Voraussetzungen sind in den beiden Erkenntnissystemen
grundverschieden. — Wir sind geneigt, dieses Aufgehen in sich selbst
als einen Ausfluß dss sog. Narzißmus zu deuten." Und ferner: „Das
Charakteristische für den Animismus ist, daß das Geträumte, innerlich
Geschaute, bloß Gedachte, als reales Objekt in eine Außenwelt
hineinprojiziert wird. Die Gedankenwelt wird zu einem räumlichen
Geschehen . . . Das Aktive, da* Wirkende, ist dämonischer,
d. h. seelenhafter Natur/ Der Verf. erkennt daher auch unbedenklich
an, daß die animistische Weltanschauung nicht durch Argumente
aus der realistischen Denkweise widerlegt werden kann. Auch daß
es falsch wäre, zu glauben, der Realismus sei durch bloße Weiterentwicklung
des Animismus entstanden. Der Animismus, meint er,
führe zur Verdoppelung der Welt, — hinter dem Greifbaren suche
er immer ein Ungreifbares, was später zu einem Unsichtbaren,
Uebersinnlichen werde. In dieser Fassung erhalte der Animismus
neue Nahrung, da er in der Natur unseres Intellektes begründet
erscheine. Denn alle unsere Erkennisse trügen einen polaren (ambivalenten
) Charakter. Auch von der natürlichen Oekonomie des
Denkens werde das Unendliche, Unsichtbare, Uebersinnliche ge-
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