http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0031
Hofmann: Ueber die Stellung d. Frau in d. Zukunftsgesellschaft. 27
neben und mit dem mittlerisch begabten männlichen
Priester. — Ihre Macht, ja ihre Hechte wurden darin so
groß, daß bei Gelegenheit der bei den alten Griechen gefeierten
Thesmophorien oder symbolischen Feste, Männern
der Eintritt in das Thesmophorion bei Todesstrafe verboten
war, um den heiligen Vorgang der Erhebung zum „ewig
Weiblichen" nicht zu stören.
Erinnern wir uns hier an die klassischen Göttergestalten
der Alten, vor allen an die Beschützerin der Künste, Pallas
Athene (Minerva), an Demeter (Ceresj? die Begründerin des
Ackerbaues und damit einer höheren Kultur; ferner an
Iphigenie auf Tauris als Priesterin der Artemis (Diana), an
die Priesterinnen der Hera (Juno), der Aphrodite (Venus„
an die ehrwürdigen Sibyllen oder Verkünderinnen („Medien'*},
an jene ungebörte Kassandra, an die keuschen Vestalinnen,
welche durch Gelübde oder Amt gebunden, gleichsam den
Göttern ihre Sinne liehen und von ihnen beschützt, von
Menschen geehrt, göttliche Wahrheiten an diese heranbrachten,
um dadurch jenes Symbol vermittelnder Einigung als
Vorbild der Solidarität unter den menschlichen Seelen, als
Ziel vor sie hinzustellen.
Ein schönes, zauberreiches Bild ersteht weiter vor
unserem Auge, in jenen gallischen Jungfrauen, welche mit
ihren weißen Gewändern das Dunkel düsterer Wälder erhellend
und die geheiligte Mispel mit goldener Sichel
schneidend, durch ihren begeisternden, zündenden Ruf
kriegerische Horden entflammen und zur Verteidigung ihrer
Unabhängigkeit wachrufen sollten. Heute noch ist das
keltische, in Frankreich noch viel bewußter als in irgend
einem anderen Land gepflegte Ideal, der Frau jene in
Vergessenheit geratene Bedeutung und Stellung in der Zukunft
wieder zu geben und den Gei«t ihrer Priester, der
Druiden, wieder zu erwecken M
l) in den Schriften des französischen Dramatikers und Philosophen
Edouard Schurz finden sich bedeutende Rück- und Vorausblicke auf diese
Tatsache, so in seinem: f,The«Hre de Tarne", in ,.Druidesse" und: „Les poctes
devinateurs et les femmes inspiratrices". In der Vorrede zu seinen: „Grandes
legende.« de France" sagt er; ,,Larae ccltique est 1 «\me intfrieure et pro-
fonde de la France. Diuidesse passionee ou voyante sublime, eile est de
notre histoire la gloiieuse vaineue qui toujours rebondit de ses defaites, la
grande Dormeuse qui toujours ressuseile de ses sommeils seculaires. Fe»
rasee par le genie latin, opprimte par fa puissance iranque, criblee d irome
par l'espnt gaulois, Fantique puophetesse n'en ressort pas moins d'age de
sa foret sonnante. Elle reparait jeune toujours et couronn*e de rameaux
▼erts. Ses profondes lethargies anuoncent ses plus eclatants nveils. Car
rdme est la partie divine, le foyer inspirateur de lhornme. Et comme les
hommes, les peuples ont une äme venue d'en haut! Quelle s'obscurcisse
et s'eteignc, le peuple degenere et meurt, qu'elle s'allume et brille de toute
sa lumiere, et il aecomplira sa mission dans le monde."
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0031