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Tischner: lieber Hellsehen.
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sprechen, obwohl sich nur um unsere winzige Erde
handelt. Wenn auch in Wirklichkeit jede Tatsache „okkult*
ist, was auch „Okkultisten" durchaus wissen, so besteht
doch ein Unterschied. Die übrigen Tatsachen in der Naturwissenschaft
stehen fast alle mehr oder weniger im Zusammenhang
miteinander, sind auf andere Erscheinungen
zurückführbar, ordnen sich „Gesetzen" unter und gelten
deshalb als „ erklärt", alles das ist aber bei den „okkulten"
Tatsachen noch nicht gelungen, deshalb gerade werden sie
vielfach nicht anerkannt und bilden einen Fremdkörper.
Zudem ist der Ausdruck „parapsychisch", den man für
„okkult" einführen will, irreführend, denn Levitation, Materialisation
und „Od* — deren Realität ich dahingestellt sein
lasse —, als pai apsychisch zu bezeichnen, schließt schon
eine — übrigens sehr bestreitbare — Deutung ein.
Henning (Jonrn. f. Psych, u. Neur. Bd. 23) polemisiert
dann in einem zweiten Artikel wegen der oben erwähnten
Widersprüche recht scharf gegen Oesterreich, wras
uns hier nicht zu beschäftigen braucht. Interessanter sind
aber einige sonstige Bemerkungen. Gleich am Anfang erwähnt
er, daß keiner von den in letzter Zeit untersuchten
Fällen vor dem Forum der Wissenschaft bestanden hätte.
„Zunächst wiesen Moll und Hennig nach, daß die von
Wasielewski beschriebene Dame, die in Schachteln verschlossene
Dinge und zugeklebte Briefe lesen zu können
vorgab, bei genauer Prüfung ihrer Fähigkeiten versagte."
Da Meyer und auch Hopp (s. Psych. Stud. 1917, S. 458),
dasselbe berichtet, mir aber die Quelle nicht bekannt war, da
diese nie zitiert ist. so fragte ich bei den Herren A. Moll
und W. von Wasielewsky selbst an. Aus den Mitteilungen
geht hervor, daß die Dame von Moll und R. Hennig im
Beisein von Wasielewski im Frühjahr 1914 untersucht
worden ist. Es fanden zwei Sitzungen statt, in denen je zwei
bis drei Versuche gemacht wurden, die jedoch negativ ausfielen
. Infolge eines Unfalles der Dame mußten die Versuche
nach der zweiten Sitzung abgebrochen werden. Moll
schreibt mir weiter noch „Ich glaube allerdings den Kernpunkt
von W.'s Fehler vollkommen aufgedeckt zu haben*.
Eine erschöpfende Auskunft würde jedoch zu lang sein,
mündlich würde er mir gern gelegentlich ausführliche Mitteilung
machen. — Die Oeffentlichkeit hat demnach bisher
nicht die Möglichkeit die Angelegenheit nachzuprüfen, da
die Begründung der Behauptung vorerst fehlt und die
Wissenschaft nichts unbesehen annehmen kann. Daß die
Dame in den ersten zwei Sitzungen versagt hat, spricht, —
wie jeder Kenner zugeben wird, — noch nicht gegen die
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