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92 Psychische Btudiea. XLV. Jghrg. 2.-3. Heft. (Februar-März 1918.)
die Einzelheiten seines eigenen Lebens und er wird unschwer
zugeben, daß eine Unsumme von Meinungsverschiedenheiten
, Streitigkeiten, 9 Indiskretionen *, Unbequemlichkeiten
und „Hemmungen* verschiedenster Art zu Gunsten
einer Summe von gegenseitigen Rücksichten, freiwilligen
Aufmerksamkeiten, individuell gerechtfertigten Freiheiten
und psychischen Lockerungen des Wesens durch getrennte
Zimmer erspart blieben. Vorschläge, Zukunftsperspektiven
zu dieser sehr wesentlichen Autonomie der Wohnung, die
recht wohl auch in den üblichen Eheverhä?tnissen durchführbar
wären, finden sich schon in der „Insel Mellonta*
von Hellenbach, in den „Eigenen" von Ruydebusch — und
ein altes Sprichwort wurde mir von meiner Mutter oft
wiederholt: „Man soll mit seinen besten Freunden nicht
unter einem Dache wohnen."
Ich fürchte, der Aufmerksamkeit und Duldsamkeit der
Leser dieser Zeitschrift durch meine gewiß teilweise gewagten
Ausführungen viel zugemutet z*u haben, vielleicht
aber finden meine Worte doch auch da und dort Wiederhall
und regen einzelne Vertreterinnen meines Geschlechtes,
oder auch des anderen, dazu an, zu dem Gehörten in positiver
Weise Stellung zu nehmen. Dies würde mir zum Beweise
dienen, daß ich recht verstanden wurde in jenem Hinweis
auf die, wenngleich unterbewußt schlummernde geistige
Bedeutung der zukünftigen Frau, welche selbst arbeitend
an ihrer inneren und äußeren Befreiung dazu bestimmt ist,
auch den zukünftigen, den seelisch-geistigen bewußten Mann
in die Welt zu setzen.
Dehn auch er muß gleich ihr durch das Läuterungs-
feuer der Selbstzucht lernen, naturgewollte edle Triebe und
„Liebe* von „Leidenschaft" zu sondern. Beide müssen sich
nicht als Werkzeug nur der Fortpflanzung, sondern der
Hinaufpflanzung betrachten lernen. — Dann erblicken wir
im Lichte der Flamme, die aus dem Scheiterhaufen bricht,
neues Leben, neue Gestalten: Brünhilde, die den Siegfried
weckt!
Ist die Welt eine Schöpfung?
Von A. Fi o t h o w (Hamburg). *)
Soweit wir aus der Weltgeschichte ersehen können, haben
die Völker in ihrer Allgemeinheit stets an eine Schöpfung geglaubt
; dann hat es aber immer unter ihnen eine Anzahl Men-
*) Der Herr Verf. schreibt uns hierzu (dat. Hamburg, 23. XI. 17):
„S. g. H. Pr.! In Ihrer Zeitschrift (Aug.-Okt.-Heft vor, J.) las ich kürzlich
eiae gedankenvolle Abhandlung von Franz Von Scheele. „Ueber die Un-
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