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Literaturberieht.
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gegangen war, tritt für den geschlossenen Handelsstaat ein. Auch
ihm aber ist dieser nur Form der Selbstbewahrung gegenüber dem
Vergewaltigungsstreben der Napoleonisehen (Jniversalmonarchie
Der auf sich selber beruhende Staat rindet seine letzte Erfüllung
als gleichberechtigtes Glied im Völkerbunde. Nur als einen Kampf
um Freiheit läßt Fichte jegliche Erhebung der Waffen gelten. Das
Ziel ist erreicht, sobald diese gesichert ist. „Sind*, so heißt es in der
^Bestimmung des Menschen*, *nur einige wahrhaft freie Staaten
entstanden, dann wird notwendig das Gebiet der Kultur und der
Freiheit und mit ihm des allgemeinen Friedens allmählich den
ganzen Erdball umschlingen.11 Dieses Streben trägt b'i Fichte
durchaus religiösen Charakter, es ist ihm „der erste Durchbruch aes
Eeiches Gottes". Es ist dies mit anderen Worten das nämliche
ausgedrückt, was Kant sagt: „Die Geschichte muß selbst zur Besserung
der Welt den Plan entwerfen4 und: „Alle Kriege sind demnach
so viel Versuche (zwar nicht in der Absicht der Menschen, aber
doch in der Absicht der Natnr), neue Verhältnisse der Staaten zustande
zu bringet Kant wie Fichte deuten auf das Ueberindivi-
duelle, das sich in den Kriegen ausbreitet, und das die Menschen
durch immer neue Katastrophen nötigen wird; sich zu ihm zu erheben
; denn der letzte Zweck der Natur liegt in der größten .Vollkommenheit
und Glückseligkeit der Menschen, insofern sie selbst
davon ihre Urheber sind/ Han* Freimark.
Max Dessoir, Vom Jenseits der Seele. Die Geheim Wissenschaften in
kritischer Betrachtung Verlag von Ferdinand Enke in Stuttgart.
1917. (br. 11 M.)
Dessoir ist schon in jungen Jalnen mit dem Gebiete der Geheimwissenschaften
in Berührung gekommen. Im Jahre 1886 nahm
er au Sitzungen mit dem bekannten Medium Slade teil und referierte
darüber auch in die Psychischen Studien. Der Verf. hat mit zahlreichen
Medien Versuche unternommen und so Gelegenheit gehabt,
reichliche Erfahrungen zu sammeln. Auch in der Literatur der
Geheim wissen* chaften zeigt er sich äußerst bewandert. Dessoir
steht den Geheimwissensehaften gegenüber durchwegs auf deai
Standpunkte des Kritikers. Er fordert stets exaktere Bewtise unter
strengeren Versuchsbedingungen, als sie bisher geboten word* n
>'md. Die Berechtigung dieser Forderung wird niemand in Abrede
steilen; aber man soll schließlich darin nicht zu weit geben und
gelegentlich Unmögliches verlangen. Der erste Abschnitt des Buches
enthält die Richtlinien des Ganzen, der zweite die unter dem Begriffe
der „Parapsychologie* zusammengefaßten, aus dem normalem
Verlaufe des Seelenlebens heraustretenden Erscheinungen. Hier
bringt der Verfasser seine Theorie des Unterbewußtseins, so wie et
sie auf dem VI. Psycholog^nkongreß in Genf (1909) vorgebrach,
hat. Auf die Besprechung des Traumes, der Hypnose und der Sug
gfstion folgen Ausführungen über seelischen Automatismus, seelisches
Doppelleben (Persönliehkeitsspaitung), Fernwirkung und Fernsehen.
Tm Abschnitte über den Spiritismus erzählt dann Dessoir seine
eigenen Erfahrungen mit Medien und erörtert ausführlich die im
Bereiche des Spiritismus in Betracht kommenden Täuschungsmöglichkeiten
. In dem der Geheimwissenschaft im engeren Sinne gewidmeten
Abschnitt behandelt der Verf. die theologische, psychologische
und philologische Kabbalistik und die unter den Begriff
der Theosophie fallenden Denkrichtungen. Der letzte Abschnitt,
der die TJeberschrifi „Magischer Idealismus* trägt, ist geschichts-
philosophischen Inhalts. Die Geschichte des magischen Idealismus
und die Denkmittel desselben werden hier in fesselnder Weise dargestellt
. Gegen die in dem vorliegenden Buche vertretenen An-
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