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162 Psychische Studien. XLV. Jahrg. 4. Heft. (April 1918.)
lismus gegenüber zunächst die Tatsache hervorgehoben, daß der
Glaube an ein Fortleben nach dem Tode allen Weltreligionen gemeinsam
ist. Ist doch die Seele unabhängig vom Leibe, den sie
sich selbst erst geschaffen hat, und welcher im Diesseits ihr als
Träger und als Werkzeug dient, das zwar bei einem Geisteskranken
mehr oder weniger unbiauchbar wird, während mit dessen Auflösung
bei herannahendem Tode ein Wiedererwachen des Geisteslebens beobachtet
worden ist. Man könnte dies mit TTebertragung eines geläufigen
Grundsatzes der Mechanik (was der Verf. in dieser Form
sich entgehen läßt) dahin aussprechen daß die lebendige Kraft oder
besser die „Bewegungsgröße* (Produkt aus Masse und Geschwindigkeit
) für das Individaum konstant bleibt, so daß auf den menschlichen
Organismus bezogen, mit der Abnahme des leiblichen Stoffs
die bewegende Kraft der Seele zunimmt. In der Hypnose und im
Somnambulismus steht schon hier der menschliche Geist auf der
Schwelle zweier Welten, welche übrigens nicht räumlieh getrennt
sondern (wie u. a. von Kant und von Fechner betont wird) als Zu-
standsänderungen des Daseins aufzufassen sind. Der dauernde Eintritt
in die zweite Welt ist bedingt durch den Tod. Das persönliche
Fortleben nach demselben ist aber nicht bloß Gegenstand des
Glaubens, sondern auch des Wissens, obwohl wir der Natur der
Bache nach über das Leben im Jenseits und die damit verbundene
geistige Wechselwirkung zwischen Verstorbenen und Lebenden keine
klare Vorstellung erlangen können. Das Hereinragen der Geisterwelt
ist durch einwandfreie Beobachtung teils ungesucbter Erfahrungen
, teils umsichtig angestellter Versuche nachgewiesen, wie der
Verf. im letzten Abschnitte dartut, indem er aus der Geschichte des
Spiritismus besonders wichtige Fälle erörtert und durch eigene Erlebnisse
ergänzt. Darnach darf dies Werkchen, das der Verf. bei
zeitweiligem Ausrahen von geiner Tätigkeit bei der Heeresverwaltung
gewissermaßen als Kern seiner zahlreichen Vorträge geschrieben hat,
auf das Wärmste empfohlen werden. Wernekke.
Oer Spuk. 250 Geschehnisse aller Arten und Zeiten aus der Welt
des Uebersinnlichen. Von O. Piper, Dr. phil. h. c. et jur.
Verlag J, P. Bachem, Köln. Preis 5 M. geb.
Den „Aufgeklärten* ruft der Verfasser mit Goethes Worten
treffend zu: „Wir tappen alle in Geheimnissen und Wundern*,
ihnen sei das Buch in erster Linie geweiht. Den Spiritisten und
Anhängern der okkulten Wissenschaften dürfte es wenig Neues darbieten
, da die älteren wie neueren Werke dieses umfassenden Gebiets
, — wie Dr. Bernd t's „Buch der Wunder1*, Vesme's „Geschichte
des Spiritismus5* u. v. a. tieter schürfen. Immerhin bereichert das
Buch unsere Literatur um einen neuen Baustein, der dazu beitragen
möge, das große Gefüge okkulter Tatsachen fester zu schließen und
sie der noch immer spröden Wissenschalt von neuem vor Augen zu
führen. d.
Über Zweckmäßigkeit im Pflanzenleben. Vor kurzem erschien ein auch
für Okkultsten lehrreiches Buch: E.Becher, Die fremddienliche
Zweckmäß gkeit der Pflanzengallen und die Hypothese eines über-
individuc Heu Seelischen. Leipzig 1917, 148 S.
Becher behandelt in dieser Schrift das Problem der auch
jedem Laien mehr oder weniger (an Bosen, Eichen, Linden usw.)
bekannten Pnanaengallen. Diese Gallen sind ein Produkt dei
Pflanze und dabei vielfach für die Parasiten zweckmäßig eingerichtet
. Das Problem ist alpo: wie ist es zu erklären, daß die
Pflanze etwa-* bildet, was nicht ihr von Nutzen ist, sondern andern
Organismen? B. prägt dafür den passenden Ausdruck „fremddienlich*
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