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166 Psychische Studien. XLV. Jahrg. 4. Heft. (April 1918.)
hat durch seinen dumpfen Druck in dem Empfindungsleben unserer
Zeit große Veränderungen zuwege gebracht. Er streute Haß aus,
knechtete den Geist und alle Schönheit stand im Schatten seiner
Wolken. Aber neben dem Haß sprießte die Liebe auf und wuchs
stärker denn je zuvor — und sie wird noch viel weiter wachsen,
wenn das Bingen der Völker vorübergegangen sein wird, zur Geschichte
geworden ist. Aus der Knechtung des Geistes erwuchs
eine Sehnsucht nach Freiheit. Und jede Sehnsucht kämpft um ihr
Ziel. Das Leid konnte eine Zeit lang niederdrücken und abstumpfen;
aber da die Seele zeitloses Leben ist, heilen ihre Wunden. Aus
den Narben aber blüht Wundersames auf: der größte Schmerz
gebiert die größte Schönheit: die Seele begreift tiefer die Verkettung
mit einem höheren Sein, lernt freier fühlen und wird reifer
zu einer Allliebe. So erwächst aus dem großen Unheil dieses Weitkrieges
ein großes Heil für die Menschheit. In dem Niederkämpfen
des Leides, in dem Eingen um Freiheit, Liebe und Licht möchte
dieses Bucn, das gleichzeitig dem literaturgeschichtlichen Zwecke
dienen soll, Tröster, Helfer und Förderer sein.* — Wir kennen
keine ähnliche Blütenlese zeitgenössischer Dichter, welche diesem
Zwecke besser entsprechen würde, als die vorliegende. Verf. hat
mit feinstem Takt die schönsten und gediegensten Erzeugnisse
moderner deutscher Lyriker zusammengestellt, deren Bildnisse das
Buch schmücken. Die äußere Ausstattung, wie man es bei den
Meulenhoffausgaben für Geschichte, Kunst und Literatur gewohnt ist,
ist eine vorzügliche, ja mustergiltige. Der Wert des Prachtwerkes
wird erhöht durch die biographischen Notizen und die Quellenübersicht
über die Werke der Dichter. Wir können uns kein willkommeneres
Geschenk, besonders auch an unsere sturmerprobten
Feldgrauen denken, als dieses Kleinod literarischer Keunerschaft
Fritz Freimar.
Aus alten und jungen Tagen. Vaterland. Ged. v. Georg v. Kries.
2. verm. Aufl. Verlag v. Ernst Eisner, Berlin-Pankow. Preis 1 Mk.
Diese vaterländischen Gedichte muten zunächst etwas alt-
väterisch an, so einfach und ungekünstelt, oft sogar im Volkstone gehalten
sind sie. Wenn man sich aber hineingelesen hat, haften sie
um so fester, und dann sind sie einem auf einmal lieb und vertraut
geworden, wie die Werke unserer nachklassischen Zeif, Es sind
meist balladenartige Stücke, durch die v. Kr. einige Kernpunkte der
deutschen Geschichte in knappen Zügen wieder heraufbeschwört,
und eine stattliche Reihe bezieht sich auf den Weltkrieg. Wenn
nicht bald einige der Gedichte in die Schullesebücher Aufnahme
finden, wie z. B. „der schlimmste Feind14, „Hans Sagau aus Königsberg
*, „das Banner von Tannenberg*, „die liebe Dorel*, „der Toten-
kopfhusar*, „das Regiment Forkade bei Hochkirch1*, „die Bäuerin
von Broenen*, „die Bellings*, „der Winkelried von Großbeeren*, so
verlohnt es sich schon, das Büchlein zu kaufen*, es wird vielen
Freude machen. A. Grobe-Wutischky.
A. Rienhardt (Universitätssekretär in Tübingen). Das Universitäts«
Studium der Württemberger seit der Reichsgründung, Gesellschaftswissenschaftliche
und statistische Untersuchungen mit einer Darstellung
und Beurteilung akademischer Gegenwartsfragen (Studien-
und Bedarfsstatistik, akad. Berufsberatung, Stipendien). Verlag
von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen. 130 S. Groß-Quart,
Preis M. 6.
Dieses mit musterhaftem Fleiß und nach den Grundsätzen
streng wissenschaftlicher Methodik ausgearbeitete Buch eines streb-
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