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Tischner: üeber die Wellentheorie der Gedankenübertragung. 201
sind. Damit ist auf Grund von exakten Experimenten
wenigstens grundsätzlich die Möglichkeit vorhanden, auch
ein außerkörperliches Wirken der Seele, alsoz. JB. von Mensch
zu Mensch, wie bei der Gedankenübertragung anzunehmen.
Auf Einzelheiten einzugehen versage ich mir, auch wird
es immer schwer sein, auf rein seelischem Gebiet mit
unserem ganz von dem Sinnlichen gebildeten Denken und
Sprechen etwas Genaueres zu sagen.
Nur das eine sei noch bemerkt, daß die Forderungen,
die man bei materiellem Geschehen erheben mußte, auf
seelischem Gebiete zum großen Teil entfallen* Es liegt
im Wesen des Seelischen, daß man hier keine Absende-
und Aufnahmeorgane fordern muß. Wie man sich im Körper
das Wirken der Seele, etwas plump gesprochen, so denken
darf, daß sie bei der Zusammenarbeit mit dem Gehirn,
ohne ihrerseits wieder Sinnesorgane zu haben, weiß, wie
und wo sie zu wirken hat, wenn wir z. B. die Absicht
haben einen Arm zu heben, so liegt die Sache im außerkörperlichen
Wirken nicht grundsätzlich anders. Und so
wie die Seele den Weg zu finden weiß, um etwa eine rein
seelische Gedächtnisspur zum ßewüßtsein zu bringen, so
darf man auch bei der Gedankenübertragung annehmen,
daß etwas Psychisches durch den Raum geht und im
zweiten Gehirn an entsprechender Stelle ähnliche Vorstellungen
wie im Absender hervorruft. Beim Hellsehen
liegt die Sache im Prinzip nicht anders, auch das Sehen
auf große Entfernung ist auf diese Weise weniger befremdlich
als das Wirken einer Energie. Die Seele als
unräumliches Wesen hat jedenfalls ein ganz anderes Verhältnis
zum Raum, worüber wir als räumliche Organismen
uns allerdings gar keine Vorstellung machen können,
Ob es gleich nötig ist die Idealität des Raumes und der
Zeit anzunehmen, lasse ich dahingestellt.
Wie des Genaueren nun diese seelische Verbindung
von Mensch zu Mensch stattfindet und wie beim Hellsehen
das Wissen um die Dinge zustande kommt, ist vorerst ziemlich
müssig zu erörtern. Ich erinnere nur daran, daß
vielleicht Vorstellungen wie Hartmann's „Telephonanschluß
an das Absolute" und das „überindividuelle Seelische14 im
Sinne Becher s das Verständnis erleichtern, etwa so wie die
Oberflächen zweier kommunzierender Röhren nicht direkt
mit einander in Verbindung stehen, und doch eine chemische
Substanz mittels Diffusion durch die Flüssigkeitssäulen von
der einen Oberfläche zur andern gelangen kann.
Wenn ich oben im Gegensatz zum ersten Teil, der das
Problem von der materiellen Seite aus ansah, das andere
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