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Beieli: Ueber „Schaltwerk der Gedanken*. 203
weil es eine sehr rühmliche Ausnahme bildet von den gewöhnliehen
Büchern der Wissenschaft und der Literatur.
Es handelt sich da von dem neuesten Werke des bekannten
Arztes und Operateurs Carl Ludwig Schleich,
welches den Titel trägt »Vom Schaltwerk der Gedanken.
Neue Einsichten und Betrachtungen über die Seele % Berlin
1917 (Verlag von S. Fischer. Vorrätig beim Verlag Oswald
Mutze, Leipzig.)
In der Tat, der Autor hat bei seinen Forschungen und
Studien höhere und höchste Standpunkte erreicht und von
da aus seinen Gegenstand betrachtet, Notwendig mußte
er zu Ergebnissen gelangen, die weit über das bisherige
hinausreichen und seiner Arbeit den Charakter einer prototypischen
verleihen. Die Auffassung von Leben und Seele,
welche uns io dem Werke begegnet, hat einen großen Vorzug
vor so vielen anderen Auffassungen, sie ist frei von
Vorurteil und ergibt sich aus unmittelbarem Studium der
Sache selbst, abgesehen von jeder Beeinflussung durch die
Quertreibereien der Schulen und Parteien.
Das Werk ist eine Philosophie der Seele, eine Philosophie
der Wissensehaft, der Biologie, der Anatomie und
Physiologie der Geistes- oder Seelenorgane: es ist von
seltener Schönheit, Keinheit und Erhabenheit der Sprache
und atmet den Geist der Poesie, bei aller exakten Tatsächlichkeit
, welche zu seinen großen Verdiensten gehört;
es beantwortet manche gewichtvolle Frage der Gesehiehts-
Philosophie und der Soziologie. Der Autor nützt, im besten
Sinne des Worts, der Wissenschaft und der Menschheit
und schafft Erleuchtung auf Gebieten, die von Problemen
strotzen. Seine Vergleichung der Erziehung der Jesuiten
durch das System ihres Urhebers Ignatius von Loyola mit
der Erziehung der preußischen Soldaten im Geiste der
Drillung durch den alten Dessauer und seine Nachfolger
ist im höchsten Grade geistvoll und klassisch. Und das
Gleiche hat Geltung für zahlreiche Kapitel des klassischen
Werkes, dessen Studium jedem Aufgeklärten dringend zu
empfehlen ist.
Meisterhaft wird die Psychologie des Krieges verhandelt
; aber der Autor verliert die Vorstellung von der
krankhaften Natur des Krieges, der, nach meiner Auffassung,
eine Art moralischen Irrseins ausmacht. Möge der Zustand
des Krieges und des Aufruhrs auch noch so häufig
und in der ganzen Tierwelt uns begegnen: diese Tatsache
gehört der Welt von Krankheit und Entartung an, und
die Menschheit muß dieselbe aus ihrem Dasein schalten
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