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Korble**: Ton und Farbe.
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<lie Wahrnehmung mehrerer Objekte in ein und demselben
Zeitpunkte durch unser Auge nur eine Täuschung, denn in
Wirklichkeit (d. h. im transzendentalen Sinne) sind es vermöge
des Kausalitätsgesetzes bedingte unendlich rasche
Aufeinanderfolgungen von Eindrücken, die der individuellen
Ausarbeitung von Empfindungen in jedem Falle unterliegen
.
In der Veränderung der in einem gewissen Zeitabschnitt
liegenden Schwingungszahl als integrierender Teil von Zeit
und Raum, d. h. in der Dichtigkeit des Wechsels bei konstanter
Raum- und Zeitgröße muß unweigerlich auch eine
Aenderung der Vorstellungs- und Wahrnehmungsweise begründet
liegen, denn eine größere A us d e h n u n g der
sinnlich vorstellbaren und wahrnehmbaren Wirkungssphäre
(Wesensreihe) muß auch eine umfassendere Erscheinungsart
der ^Eindrücke zur Folge haben. Diese Eindrücke
in ihrer Verschiedenheit und Gesamtheit für unsere dreidimensionale
Anschauungs- und Vorstellungsweise, also für
unsere Empfindungssphären sinngerecht teilbar und begriffsmäßig
zu fassen — dafür haben wir unsere fünf bezw.
sechs Sinne, wenn man den letzten als metaphysischen Sinn,
als den in den Bereich der — ich möchte sagen —
„Sinnesinduktion* fallenden bezeichnen will.
Demnach muß eine Erscheinungsart, die im Wahrnehmungsbereich
eines unserer Sinne zuletzt unwirksam
wird fz. B. Töne, die wir nicht mehr hören) für diesen
Sinn verschwinden — aber für den nächstliegenden
anderen Sinn gemäß seiner Wahrnehmungssphäre als andere
Erscheinungseipfindung sich wieder manifestieren bezw. vor-
stellig werden. So z. B. ist ungefähr das Quadrat der
noch hörbaren höchsten Schwingungszahl die niedrigste
Schwingungszahl der Wärme (Temperatur als Kraftform,
nicht als direkte Gefühlwärme), und wiederum gibt das Quadrat
der höchsten Wärme Schwingungszahl die niedrigste
Schwingungszahl des Lichtes als rotes Licht oder eine Stufe
der Farbenreihe fin diesem Falle nicht mehr als Kraft-
torm, sondern als strahlende Gefühlswärme), weshalb sich
diese Schwingungszahlstufe im Bereiche der nächsthöheren
Wesensreihe manifestiert bezw. vorstellig wird. (Farbenskala.)
Zwischen diesen Erscheinungsweisen der Tonleiter und
der Farbenskala (oder Farbenleiter) liegt also gesetzmäßig
als Uebergangswesensreihe die Wärme oder Gefühlssphäre,
über welche später weitergedacht werden soll.
Es ist demnach nicht abzustreiten, daß faktischerweise^
die Tonleiter, die Gefühlsskala (Wärme) und die Farbenskala
in einem — ich möchte sagen — gewissen, ja gesetz-
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