http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0227
Kurze Notizen
228
s tein folgendes, offenbar durch den felsenfesten Glauben an,
die Macht des Gebets bewirkte „Wunder*: ^Früher noch
unter dem Pontifikat von Pio IX. war sie, besonders mit Anto-
nelli sehr befreundet, im Vatikan gewesen, ja dieser Papst
hatte sogar ein Wunder an ihr vollzogen. Sie litt zu der
Zeit sehr an den Augen, und eines Tages, als sie sich in
einer Privataudienz beim Papst befand, ließ sie sich auf
die Kniee vor ihm nieder, ergriff seine Hände, legte sie
auf ihre Augen und bat ihn, sie z;u heilen. Sie blieb so
einige Minuten. „Ich weiß nicht, was der Papst machte,*
sagte sie, „aber ich glaube, er betete. Dann segnete er
mich, und als ich nach Hause zurückkam und zu arbeiten
versuchts, fand ich meine Augen gesund, und sie sind es
bis auf diesen Tag geblieben.* Das mußte nun — fügt die
Erzählerin hinzu — ob durch Wunder oder nicht, so sein,
denn sie arbeitete meist bis spät in die Nacht hinein, und
am Tag, wenn man zu ihr kam, glänzten ihre Augen so
feurig im Lauf der Rede, daß man sah, sie litt nicht
daran.* — Ihre stille Hoffnung, daß der glühend von ihr
verehrte Liszt nach dem Tode ihres ihr wenig sympathischen
Gemahls in noch innigere eheliche Verbindung mit ihr
treten werde, war durch die plötzliche Aufnahme des
genialen Tondichters in den geistlichen Stand vereitelt worden.
Aber wie Letzterer, der sie immer wieder von Zeit zu Zeit
in Rom besuchte, einmal prophetisch geäußert hatte, er sei
überzeugt, sie werde ihn nicht überleben, starb sie nach
dessen zu Bayreuth im Juli 1886 erfolgtem Tod, seelisch
und körperlich gebrochen, schon am 9. März 1887. — Die
schriftstellerisch glänzend begabte und zugleich philosophisch
tief schürfende Idealistin v. Meysenburg, die durch ihren
späteren edlen Freund, den 1888 in Venedig gestorbenen
österreichischen Diplomaten Warsberg, der von der
Kaiserin Elisabeth den Auftrag erhalten hatte, ihr auf dem
schönsten Punkt der Insel Corfu eine Villa zu bauen, auch
mit den Schriften du Preis bekannt wurde, hat in ihren
vielgelesenen Memoiren vom Spiritismus das hübsche Wort
geprägt, er sei in der modernen höheren Gesellschaft weiter
nichts, als „die Rache des Geistes an der Frivolität* dieser
reise. Fritz P reimar.
e) Zu dem Aufsatz über „Kriegsahnungen im Traum",
der durch einen großen Teil der deutchen Preise ging und
freundlicher Weise auch in den „Psychischen Studien* abgedruckt
wurde, trage ich nach, daß mir ein tatsächlicher
Irrtum unterlaufen, den ich schleunigst richtigstellen möchte.
Zu dem Traum der Frau J. in Neukölln ist zu bemerken,
daß Pfingsten 1914 auf den 31. Mai fiel, während die Er-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0227