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EoOberg: Versuche mr spiritistischen Identifikation. 299
niederzulegen. Es war mitten im Text, als plötzlich die Hand
kataleptisch winde und in veränderter Schrift ohne jeglichen Zusammenhang
mit dem bereits niedergelegten Text die Frage niedergeschrieben
wurde: „Was macht mein Rös'chen?" Es ist nun
von stärkster Bedeutung, daß Herr P. W. in der Mitteilung jener
eisten visionär vernommenen Worte: „Maria hilf!** gewissermaßen
die Reproduktion der letzten Worte seiner Gattin vor ihrem
Abscheiden erblickte. Es war dem Medium in keiner Weise angedeutet
worden, welchem Glauben die Heimgegangene angehört
hatte. Nun bestätigte Herr P. W.. daß seine Gattin durch die
schmerzvollen Wochen der letzten Lebenszeit nur durch den auf-
lichtigen Glauben an Maria s H'lfe geliagen worden sei. Mit
einem Gebete an die Mutter Gottes, schließend „Maria hilf"
hauchte sie ihre S^cle aus. Es gibt nun Leute, die in ähnlichen
Kundgebungen nicht „schallende Tritte aus einer anderen Welt'*
vernehmen, sondern etwa nur die GaKanisierung der letzten Gedanken
Steibender. Dieser Annahme steht in den vorher erörterten
Fällen die zuweilen außerordentlich lange Zeitspanne entgegen
, die uns von dem reproduzierten Erlebnis trennt, und die,
wie wir gesehen haben, bis zu sechs Jahrzehnten betrug. Die
mitten in den Briet der Sefsitken ohne deren Wollen und ohne
Zusammenhang hinemgeschnebene Frage: „Was macht mein
RösVnen?" i*t dagegen für Herrn P. W. ein lebendiger Beweis
der Fortdauer des unsterblichen Geistes der Gattin, sowie dafür,
daß d:\en Bewußtsein noch an dem festhält, was ihr zu Lebzeiten
leuer war. Vor mehreren Jahren pflanzte Herr P. W, in seinem
Garten ein Monatsrö^chen. Es gedieh und entwickelte sich herrlich
Seine Gattin hatte gerade an diesem Rös'chen täglich ihre
helle Freude. Keine von allen Pflanzen war ihi so lieb. Herr
P. W. trägt >ich nun mi; dem Gedanken an einen Wechsel des
Wohnortes. In jener Woche, an deren Samstag die Sensitive
diese Eindrücke wahrnahm, hatte Herr P. W. gerade wiederholt
mit seiner Hauhälterin sich beratschlagt, ob das Rös'chen seiner
Fiau in den neuen Garten mitzunehmen oder auf den grünen
I fügel des Friedhofes zu pflanzen sei. In der Frage spürte Herr
P. W. ein lebhaftes Erinnern an die Zeit des Leiwens aber auch
ein Zeichen für die fortgesetzte Teilnahme an seinen Gedanken
und Plänen. Übrigens ist hier einzuschalten, daß auch die Verhältnisse
des Herrn W. der Sensitiven normalerweise völlig unbekannt
waren. Die Bekanntschaft wurde erst mit jenem ersterwähnten
Briefe des Herrn W. angeknüpft.
Die Unterbrechung des Briefes des Mediums durch Einwirkung
einer geistigen Persönlichkeit hat übrigens ein wertvolles
Analogon in der Mediumschaft der Frau d'Esperance. Bekanntlich
meldete «ich »Sven Strömberg" zuerst, als Frau d'E. im
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