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300 Psychische Studien. XLV. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1918.)
Kontor des Herrn Fidler in Gothenburg mit der Abfassung eines
Geschäftsbriefes beschäftigt war.
Ich kehre noch einmal zurück zu den Erfahrungen im hiesigen
Kreise. Von allen sich offenbarenden Persönlichkeiten war
es vor allem „Walter \ der geradezu ängstlich darauf bedacht
war, sich wirklich restlos zu beweisen. Gerade ihm sind die
Schwierigkeiten einer solchen Beweisführung völlig offenbar. Eine
solche Erkenntnis auf der „anderen Seite" ist dem ernsten
Forscher lieber, als der gelehrteste Mitarbeiter. Denn unsete
strengen Forderungen an das intellektuelle Experiment finden
dann am ehesten Verständnis, während im entgegengesetzten
Falle nur Mißtrauen der Sensitiven die Folge ist und nie Ergebnisse
gezeitigt werden, die wirklich neues Leben in unsere Bestrebungen
und unsere Wissenschaft bringen.
Wiederholt gab „Walter** zu verstehen, da3 er für manche
Eindrücke des Bewußtseins während der Verbindung mit dem
Medium nicht immer völlige Klarheit erhalten habe. Es mache
ihm dann Mühe, die zuvor in seinem geistigen Dasein beabsichtigten
Identitätsbeweise durch den Mediumismus zu verwirklichen.
Die Zusammenhänge seien oft zerrissen. Die Drage seine? vergangenen
Leben? sähe er dann wie durch einen Nebel oder
Schleier. Ich glaube, diese Schilderung gibt den wahren Zustand
sehr treffend wieder. Können wir doch selbst eine ähnliche Be-
obachtung bei der Erinnerung an Träume machen. Beim Über-
schreiten der Bewußtseinsschwelle im allerersten Augenblick des
Erwachens haben wir noch die Erinnerung an einen Traum ganz
lebendig, kurze Zeil später abe* nur noch das dunkle Gefühl,
geträumt zu haben. Aus dem eigentlichen Inhalt des Traumes
tauchen nur zusammenhangslose Bilder wie die Bergspitzen aus
der nebelhaften Morgendämmerung auf. Es ist nur der kleinste
Ausschnitt aus einem Film, der uns keinen Hinweis auf Sinn und
Verlauf der Handlung bietet. So vermochte „Walter" einmal
auch nur anzudeuten, daß aus seiner allerletzten Lebenszeit noch
eine Erinnerung an die Zahl ,.80*' bestehe. Eine klare Begründung
für diese Erinnerung habe er nicht. Das war nun aber die
Nummer jenes Hause«, das die Familie L. zur Zeit des tragischen
Endes „Walters** bewohnte. Das liegt elwa zwei Jahre zurück.
Frau L. bezeugt ausd) ücklich, diese frühere Adresse der Sensitiven
niemals bekannt gegeben zu haben. Es muß auch bemerkt
werden, daß jenes Haus nicht in Biesenthal liegt, also einem
kleineren Orte mit leichterer Berührungsmöglichkeit, sondern in
Berlin. — Ein andermal, Anfang März 1918, sprach ein zweiter
Gast „von der anderen Seite** davon, daß .»Walter** jetzt lebhaft
von der Erinnerung an den Namen „Stegemann** beeindruckt
werde. ,.Er muß doch wohl mit einem Träger dieses Namens in
seiner letzten Lebenszeit bekannt gewesen sein!** Es ist zu be-
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