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Lomer : Gibt es Wahrträume ?
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zeichnet hat, als er mich einmal (1916 Juni) zu Tyrnau besuchte
. ♦ . Der „Fels* (Frankfurt a. M. Märzlieft) bringt
kurz den Traum und versucht eine Erklärung nach den
ßegeln der natürlichen Telepathie, befriedigt aber nicht
ganz, läßt unerklärliche Punkte. Uber die Wirklichkeit
des Traumgesichtes habe ich nach allseitigem Prüfen keinen
Zweifel."* Soweit die erhaltene Auskunft. Im „Fels* wird
nun 1. c. folgende Erklärung des Wahrtraumes gegeben:
„Im Geiste der beiden Mordbuben ging der Ausführung
des Verbrechens dessen teuflischer Pkn voraus. Er stand
ihnen lebhaft vor der Seele schon geraume Zeit vorher und
ließ sie namentlich in der unmittelbar vorausgehenden Nacht
nicht mehr ruhig schlafen. Von ihrem aufgeregten Nervensystem
pflanzte «ich die lebhafte bildliche Vorstellung des
für den kommenden Tag projektierten Attentats fort auf den
Nervenapparat de» durch innige Sympathie mit dem Opfer
des Mordanschlags davon am stärksten in Mitleidenschaft
gezogenen, diesem persönlich nahestehenden Bischofs —
um so leichter, als ebenderselbe wohl nicht mit geringerem
Bangen den Erzherzog auf seiner gefahrvollen Reise im
Geile begleitet hatte, gwie dieser seifst von düsteren Vor-
ahnungen vor seiner Abreise bereits erfüllt war. Auch die
Fahrt des Erzherzogs nebst Begleitung war vorher nach
dem Hofzeremoniell genau geregelt, so daß sie sich bildlich
ausprägen konnte.«
Hauptvoraussetzung für die Wahrscheinlichkeit dieser
Annahme wäre der Nachweis, daß den beiden Mordbuben
das Verhältnis zwischen dem Erzherzog und dem
Bischof von Groß wardein bekannt war. Das scheint
mir aber durchaus nicht der Fall gewesen zu sein! Außerdem
konnten die Burschen unmöglich wissen, daß ihnen das
Doppelverbrechen gelingen würde. Weit näher liegt
m. E. die Annahme, daß der Bischof hellsehend veranlagt
ist und nun im Traum das Attentat mit einigen Einzelheiten
(wie dies auch beim zweiten Gesicht der Fall ist)
vorausgesehen hat. Wie dem aber auch sei, jetzt, nach
der Auskunft des Bruders des Bischofs, ist der Beweis erbracht
, daß wir es hier mit einem höchst merkwürdigen
historischen Traumgesicht, also einer Tatsache, zu tun
haben. Redakteur Bruno Grabinski, Iserlohn.*
Gibt es Wahrträume ?
Zur Beantwortung der von den modernen Psychologen wieder
vielumstrittenen Frage des Wahrträumens muß man sich vor
allem über die technischen Mittel klar werden, deren sich der
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