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328 Psychisch« Studien, XLV. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1918.)
sofern wir sie nur auf gewisse Lebewesen, wie etwa die bekannten
Leuchtbakterien, beziehen» allerdings auch nichts Neues; aber der
genannte Forscher — F. Scheminzky *) — und noch eine Anzahl
anderer Gelehrter haben durch ihre Versuche die Grenzen
dieser Leuchtfähigkeit des Naturgeschöpfes neuerdings so erweitert
, daß man dem lebenden Individuum tatsächlich eine gewisse
Leuchtkraft zugestehen sollte. Zunächst stellte man Versuche
mit Pflanzen an. Sie ergaben, daß alle Teile der Pflanze
beständig eine Art leuchtenden Rauches zeigen, und zwar häufig
sogar im Helligkeitswert ihrer Tageslichtfarben. Die Lichtentwicklung
, die in der Dunkelkammer gut erkennbar war, zeigte sich
selbst an gepreßten Blumen, wenn auch nur als feiner, weißgrauer
Nebel — z. B. an einer wilden Weinrebe — sowie an frischen
Schnittblumen, deren Leuchtkraft erst in der vierten Nacht erlosch.
Wesentlich intensiver ist die Lichthülle oder Aura, die das
lebende Tier ausstrahlt, und die in ihrer stärksten Ausbildung am
Menschen beobachtet werden kann. Die Fähigkeit, diese Lichteindrücke
wahrzunehmen, besitzt natürlich nicht jeder Mensch im
gleichen Maße. Der Mittelsensitive sieht die menschlichen Umrisse
in der Dunkelkammer z. B. nur als blasse, farblose Linien,
während der Hochsensitive auch Farben erkennt, in denen die
rechte Hälfte des Körpers von blauen und die linke von roten bis
orangegelben Konturen umgrenzt wird, ein Unterschied, der sich
bei Kranken indes oft verwischt, so daß die Umrisse dann einfarbig
bleiben. Dafür konnte man an kranken Menschen die
überaus merkwürdige Beobachtung machen, daß die erkrankten
Stellen ihres Körpers andersfarbige Strahlen aussandten, als die
gesunden Körperteile, so an Epileptikern, deren Wirbelsäule rot
strahlte, sowie an Basedowkranken, die auf der Brust einen charakteristischen
, zitronengelben Fleck zeigten. Von den weiteren Ergebnissen
dieser Untersuchungen, deren Fortsetzung natürlich in
erster Linie zu wünschen wäre, wird dann vermutlich auch der
Wert der Strahlungsbeobachtungen für die ärztliche Diagnose abhängen
. Vorläufig klingt es freilich noch wie Zukunftsmusik, daß
es möglich sein sollte, ein verstecktes Leiden an der Farbe der
körperlichen Ausstrahlung zu erkennen.
Die farbigen Ausstrahlungen der Körper stimmen nicht immer
mit den Tagesfarben der Körper überein, behalten aber ge-
wohnlich doch eine gewisse Ähnlichkeit bei, wie sich an einer gepreßten
Alpenrose zeigte, die in Intervallen in einem schönen
Dunkelrot leuchtete. Das Leuchten in Phasen war übrigens fast
immer zu beobachten. Die oben erwähnte Doppelfärbung ist da-
*) Wir entlehnen diesen unbefangenen Bericht über die neuesten Forschungen
unseres oben genannten Mitarbeiters dem „Stuttgarter N. Tagblatt"
Nr. 117 (Abendblatt yom 5. März er.). — Red.
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