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Jahn: Okkulte Grenzfälle.
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notwendig sind zur Mitteilung von Gedanken. Der Gedanke
ist nicht materiell, aber er ist fähig, einen Einfluß
auf die Materie auszuüben durch den Mechanismus der
Vitalität. Die Mittel, wodurch dies geschieht, sind uns
unbekannt, aber es ist wohl vernunftgemäß zu vermuten,
daß, wenn der hemmende Einfluß des Gehirn- und Nerven-
Mechanismus entfernt ist und die Beschränkung durch den
Körper im Kaum ein Ende hat, der Geist noch mehr und
und zwar direkt und überreichlich tätig sein kann. Erfahrung
muß uns hier leiten. Der Beobachtung und dem Experiment
die Tore zn verschließen infolge vorgefaßter Meinungen
und Ansichten, ist die gewöhnliche Haltung selbst wissenschaftlich
gebildeter Leute — aber es ist recht unwissenschaftlich
. Gewisse Leute halten die Forschung über die
Tätigkeit des desinkarnierten Geistes für unwürdig; andere
betrachten sie als gottlos und wieder andere schrecken vor
dieser Forschung zurück, weislich ihren Kräften mißtrauend.
Indes, wenn Tatsachen vorhanden sind, welche Bestätigung
verlangen, dann ist es Pflicht einiger Freiwilligen, diese
Bestätigung um jeden Preis zu versuchen.
(Ehhlnfi folgt.)
Okkulte Grenzfälle.
Von Ludwig Jahn (Höxter).
Allem Anschein nach ist die Zeit nicht mehr fern, wo das
eine oder andere geheimnisvolle Geschehen im täglichen Leben,
dank fortgesetztem Beobachten und Untersuchen in den letzten
Dezennien, das bisherige Okkulte endgültig verliert und zur offiziellen
Wissenschaft erhoben wird. Die interessanten und zugleich
wichtigen Phänomene — wichtig in Bezug auf ihre Nützlichkeit
—, wie Telepathie und Hellsehen werden vermutlich in
erster Linie dazu zählen. Doch einwandfreie Beweise verlangt die
Kritik! Es ist deshalb ungemein wichtig, recht genaue Versuche
zu machen und überhaupt alle wertvoll erscheinenden Begebenheiten
dieser Art — am besten übersichtlich geordnet —
in nackter Tatsache ohne ausschmückende Phantasie nach bestem
Wissen und Gewissen unverzüglich aufzuzeichnen.
Nun gibt es Fälle, die man nicht recht unterbringen kann,
die weder reine Hellseherscheinungen, noch reine telepathische
Vorgänge sind. Sie gehören entweder beiden Kategorien zugleich
oder nacheinander an, oder greifen ineinander und stellen
also Grenzfälle dar. Im Grunde genommen ist die Untersuchung,
ob Telepathie, ob Hellsehen, müßig, da beide Erscheinungen, wie
Beispiele zeigen, verwandt sind. Die Wissenschaft denkt aber
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