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358 Psychische Studien XLV. Jahrg. 8.-9. Heft (Aug.-Sept. 1918).
nicht existieren. Ich habe noch nie einen Mann gefunden, welcher
Geister leugnet und selber Geist hatte. Der scharfsinnige Lessing
sagt ganz richtig, alle Beweise von der Unmöglichkeit der Geister-
erscheinungen seien unlogisch; und Kant äußert sich, daß auch
unter gebildeten Männern die Überzeugung von derartigen Erscheinungen
sehr häufig sei, aber man habe den Mut nicht, sich
offen darüber auszusprechen. Ist aber mancher zu feig, seinen
Glauben daran zu bekennen, so sind viele auch zu feig, an Geister
zu glauben." —
Das Vorstehende dürfte zum Beweise dafür genügen, daß
Alban Stolz ein überzeugter und vielseitig erfahrener Okkultist
war, dessen Zeugnis der okkultistischen Forschung sicherlich willkommen
sein wird.
Ein Lösungsversuch okkulter Probleme durch
den hl. Augustin in seiner Schrift „de cura
pro mortuis gerenda."
Von Prof. Dr. Ludwig, Freising.
Unter den zahlreichen Schriften, die ein so reicher und
tiefer Geist, wie es der hl. Augustin war, uns hinterlassen
hat, befindet sich eine, die nicht bloss für den Theologen,
sondern ebenso für den Okkultisten von Interesse ist, weil
sie ersehen lässt, wie der grosse Theologe auch zur Frage
der Phantome Lebender wie Verstorbener und zu telepathischen
Phänomenen Stellung nahm. Bei der ungemeinen
Hochschätzung des Martyriums in der altchristlichen Kirche
und der Ueberzeugung, dass die hl. Märtyrer den auf
Erden kämpfenden und leidenden Christen ihre Fürbitte
zuwenden, war in verschiedenen christlichen Gemeinden
das Verlangen zu Tage getreten, in der Nähe der Märtyrergräber
bestattet zu werden, um so noch im Tode unter
den besonderen Schutz des betr. Märtyrers sich zu stellen
und seiner mächtigen Hilfe auch für das Jenseits gewiss
zu sein. Der Bischof Paulin von Nola (in Italien) sandte
deshalb einen seiner Presbyter nach Hippo in Nordafrika,
um das Gutachten des hl. Augustin über diese sich mehr
und mehr einbürgernde Sitte einzuholen. Launig bemerkt
Augustin am Schlüsse seiner Antwort1) (die kleine Abhandlung
besteht aus 18 Kapiteln), er würde als Vielbeschäftigter
kaum zu einer Beantwortung des Briefes seines
Mitbischofs gekommen sein, wenn nicht jener Presbyter ihn
wiederholt dazu gedrängt hätte. In der ihm eigenen gründ-
l) Abgedruckt in der Patrologie ron Migne, series latina B-and 40,
Paris 1845.
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