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866 Psychische Studien. XLV. Jahrg. 8.-9. Heft (Aug.-Sept. 1918).
und des Hellsehens gegeben und kam zu dem Ergebnis,
daß dieser Theorie mannigfache Schwierigkeiten anhaften,
und daß sie wohl schwerlich den Tatsachen gerecht werden
kann. In diesem Zusammenhang wurde auch der energetischen
Theorie Ostwalds gedacht, auch sie wurde für zu
leicht befunden, ohne daß ich auf ihre Grundlagen dort
eingehen konnte. Tn dieser Arbeit soll das nachgeholt
werden, da in naturalistischen Kreisen vielfach die energetische
Anschauung Ostwalds als Ersatz an die Stelle des
altersschwachen Materialismus getreten zu sein scheint.
Da man anscheinend vielfach die Neigung hat, die
Frage der Gedankenübertragung usw. als ein Problem der
Physik zu behandeln, so seien, um die Angelegenheit auf
die meiner Meinung nach notwendige breitere Basis zu
stellen, vorerst einige grundlegende Erörterungen gebracht.
In dem Bestreben, die Welt aus einem Prinzip zu erklären
, war der Materialismus, wie ihn Vogt, Büchner und
Moleschott vertraten, bestrebt, das Seelische auf Materielles
zurückzuführen. Wenn Vogt das Verhältnis von Gehirn
zu Gedanke dem Verhältnis von Leber zur Galle ver-
gleicht, so ordnet er damit das Seelische ganz in die mate-
riellen Vorgänge ein, es bleibt allerdings im wesentlichen
eine bloße Behauptung, ein Wort, das an den Dingen vorbeiredet
, da es das Wesen des Seelischen gar nicht berührt.
Kann diese kausale Form nicht befriedigen, so gilt das
gleiche von der Abart des Materialismus, die das Geistige
als Eigenschaft der materiellen Vorgänge auffaßt.
Man sah schließlich auch ein, daß der Materialismus
dem Probleme grundsätzlich nicht gerecht werden konnte,
und so ist es verständlich, daß ein anderer Lösungsversuch
im Sinne des naturalistischen Monismus in diesen Kreisen
vielen Anklang finden mußte, es ist das Ostwalds Energetik.
Ostwald kennt als letztes in der Welt nur die verschiedenen
Energien, auf sie sucht er alles zurückzuführen, in sie
löst er auch die Materie auf und sucht in gleicher Weise
das Seelische energetisch aufzufassen. Es hat zweifellos
etwas Bestechendes, auf diese Weise eine einheitliche Auffassung
zu erhalten und auch Philosoph en, wie z. B, Kulpe,
haben dieser energetischen Auffassung ihre Sympathien zugewandt
, um allerdings später wieder davon abzukommen.
Mir scheint, daß eine solche Theorie auf falscher Grundlage
beruht und die Eigenart des Seelischen völlig verkennt.
Ehe wir deshalb zur genaueren Besprechung der Frage
von der psychischen "Energie übergehen, seien erst einige
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