http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0381
Gates: Der Wahrsprach d. Bewußtseins u. s. kosm. Begründetheit. 377
und diese Erfahrung ist die fundamentale und erste Induktion
— ein Stückchen Wissen, das nicht bezweifelt werden
kann, — eine Tatsache, welche ein Kriterion der
Wahrheit ist. — Kann nun das Bewußtsein weitere, gleich
zuverlässige Erfahrungen mit sich selbst haben? Ja, es
kann sie haben, und hierin liegt die Möglichkeit der Erkenntnis
. Es kann z. ß. entdecken, daß es mehr als einen
qualitativen (eigenartigen) Bewußtseinszustand gibt; daß Zu-
standsveränderungen beständig und notwendig vor sich
gehen; daß Zustände einander in einer Zeitfolge folgen;
daß die Zustände von verschiedener Intensität sind; daß
sie sich inbezug auf Dauer unterscheiden; daß die Zustände
sich gegenseitig modifizieren u. s. f.; und alle diese Erfahrungen
bilden induktive Daten, welche sogar von größerer
Zuverlässigkeit sind als irgend eine Erfahrung des Geistes
mit objektiven ErscLeinunfen. Man lese diese Stelle wieder-
holt, um dem Geiste ihre Wichtigkeit einzuprägen. Wenn
von allen diesen induktiven Erfahrungen des Bewußtseins
mit seiner eigenen Natur und Prozessen ein Inventarium
aufgenommen ist, und wenn diese Daten ihren verschiedenen
Integrationsgraden (Ergänzungsgraden) gemäß geordnet
sind, und wenn sie systematisch klassifiziert sind, so haben
wir ein neues Gebiet in der Psychologie - eine induktive
Wissenschaft vom Bewußtsein, oder, wenn es beliebt, eine
induktive Metaphysik.
Wenn wir den geistigen („intellectiye«) Inhalt jener
wunderbaren subjektiven Sphäre introspektiv untersuchen,
so finden wir darin nicht nur jene besonderen Arten von induktiven
Daten, bestehend in Erfahrungen des Bewußtseins
mit sich selbst, sondern wir finden darin auch eine andere
Art von Daten, welche sich auf die konstitutiven (grundlegenden
) Bedingungen des objektiven Daseins beziehen. —
Alles, was die Menschheit durch Erfahrung wahr befunden
hat, ist a posteriori, während es a priori sioh auf
Kenntnisse der Zustände der Dinge bezieht, welche, während
sie nur in wirklicher Erfahrung begegnen mögen, ihren
Ursprung in der Natur des Geistes haben und von Erfahrung
unabhängig sind, und anzeigen, was ein Ding sein
muß, wenn es je ins Dasein treten soll. Meine Erweiterung
der Bedeutung des a priori schließt den Begriff in sich,
daß es eine Kenntnis der Zustände der Dinge ist, nicht
bloß wie die Natur des Geistes sie bedingt, was die Kantische
Einsicht ist, sondern daß es auch eine Kenntnis des
Zustandes der Dinge ist, wie sie durch die objektive Natur
und durch jene Gesamtrealität, in welcher der Geist einen
Paktor bildet, notwendig bedingt ist; d. h. die Natur des
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0381