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Gates: Der Wahrspruch d. Bewußtseins u. s. kosm. Begründetheit. 379
Kenntnisse mit den wirkliehen Bedingungen seines eigenen
Daseins sowohl, als auch aller objektiven Existenz übereinstimmen
.
Folglich, wenn das Bewußtsein bei Erforschung seiner
selbst findet, daß seine a priori Kenntnisse a posteriori
wahr sind, und weiß, daß sie notwendigerweise so sind,
dürfen wir dann nicht auch zu finden erwarten, daß seine
fundamentalen Gemüts- oder Gefühlseinsichten eine entsprechende
Wirklichkeit und Erfüllung in der Natur haben ?
Nun, es gibt Tatsachen, die hierfür sprechen. Das Bewußtsein
(und der Geist, der es bildet) findet in sich selbst
gewisse Gefühlsdaten vor; so z. B. hat es innativer- (angeborener
-) inhärenter- (innewohnender-) und natürlicherweise
eine Abneigung gegen Scbm rz und eine Neigung
für Wohlgefühl; es zieht die freudigen Gemütsbewegungen
den traurigen vor. Dies gilt für alle lebenden Wesen. Was
ist nun die Bedeutung hiervon? Mit Rücksicht auf eine
Erklärung dieser Bedeutung ist es bemerkenswert, daß die
angenehmen Zustände das Leben fördern, die unangenehmen
Zuftände hingegen « beeinträchtigen und zerstörfn. Um-
gekehrt werden im Laufe der Entwicklung alle lebenfördernden
Erfahrungen angenehm, alle lebenzerstörenden
Handlungen schmerzvoll. Nun aber findet das Bewußtsein,
nach Ausschluß alles niqht hierhergehörigen, in sich einen
Gefühlsantrieb nach dem Besten, gleichgiltig ob ihm das
Beste bekannt sei oder nicht, und sogar ohne Rücksicht
darauf, ob dessen Erwerbung angenehm oder peinliche Erfahrungen
in sich schließt; es ist willens, Leid zu ertragen,
wofern es ihm zum Besten gereicht. Und evolutionäre
Daten sowohl wie psychologische Prinzipien beweisen, daß
dasjenige das Beste ist, was sich zuletzt als lebensfördernd
erweist, und daß, wenn auch anfangs leidvoll, es doch
schließlich eine größere Freude oder Befriedigung gewähren
wird. In diesem" Falle erweist sich die Gefühlseinsicht,
welche eine solche a priori ist, a posteriori als das Wahre
und Beste, und diese Tatsache enthält eine bedeutsame
Lehre.
Ferner gibt es in uns, und zwar in dem Grade als
wir uns auf der (Stufenleiter der Evolution höher entwickeln
, noch eine Gefühlseinsicht von einem ästhetischen
Charakter, welche uns antreibt, Anmut, Symmetrie und
Schönheit zu suchen. Und a posteriori haben wir gelernt,
daß anmutige Bewegungen am ökonomischsten (sparsamsten)
an Energie sind, daß Symmetrie Stärke bedeutet, und daß
Schönheit Vollkommenheit ausdrückt —, daß das bloß Nützliche
nicht die höchste Utilität besitzt, bis es nicht auch
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