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S82 Psychische Studien. XLV. Jahrg. 8.-9. Heft (Aug.-Sept. 1918).
zu einer einzigen neuen und in sich zusammenhängend geschlossenen
Ursache verdichten können.
Um jedoch wieder auf die erwähnten Anhaltspunkte
zum Erfassen des Zusammenhanges von Ursache, Zufälligkeiten
und Wirkung zurückzukommen, möge als erster die
Ueberwindung irgend eines Widerstandes als die Ursache
einer Kraftäußerung in Betracht gezogen werden.
Es steht fest, daß, was wir unter dem Begriff Kraft
verstehen, nichts Anderes ist als das sieht-, fühl-oder denk-
bare Ueberwindungsagens gegen irgend einen Widerstand;
denn eine Kraft kann sich nur da äußern, wo irgendwelcher
Widerstand vorhanden ist. Das, was wir also als Widerstand
fühlen oder uns denken bezw. vorstellen müssen
oder können, wäre also nichts mehr und nichts weniger als
die Ursache als Wechselwirkung des erhaltenden Prinzips,
d. h. dis Grundursache jeder Kraftäußerung, welche wir
wahrnehmen, seien dieselben nun phänomenaler oder transzendentaler
Natur.
Nun sind wir schon einen großen Schritt vorwärts gekommen
in Bezug auf Widerstände oder scheinbare Zufälle
. So ist alles „Zufällige" als Widerstand zu irgend
einer Kraftentfaltung, sei es physischen oder psychischen
Charakters aufzufassen, wobei die Beurteilung des letzteren
wiederum nur intelligiblen Charakters sein kann. Daraus
geht unweigerlich hervor, daß jedes Denken oder Organisieren
einer uns direkt unbewußten, aber wesensverwandten
Kraftaußerung gleichkommt, einerseits dem Subjekt in
Ansehung des Objektiven gegenüber; andererseits dem
Zufall des Auffassungsvermögens in Bezug auf die intelli-
gible Verarbeitung des in sieh Aufgenommenen gegenüber.
Zum Zweiten steht einwandfrei fest, daß eine Wirkung,
d. h. das Endergebnis einer Wirkung ebensogut auch eine
Ursache werden und ein Zufall Fein kann, daß z. B. ein
Unglücksfall zufällig zu einem Glücksfall und umgekehrt,
daß ein Zufall für den Einen als Glück, für den Anderen
als Unglück vorstellig wird, wobei dieser Zustand jedoch
keinen Bestand hat, da sich dieses Phänomen in Zeit und
Kaum abspielt, während das Unterbewußte unbekümmert
um das eigentlich ßewußtgewordene außer Zeit und außerhalb
des Baumes wirkte.
Nun wären wir am Ufer angelangt, als Wirkung einer
Kraftäußerung, um zu begreifen, daß Kraftentfaltung auch
durch Widerstand einer intelligiblen Verarbeitung von
scheinbaren Zufälligkeiten ausgelöst werden muß. Wir
haben also Ursache und Wirkung sowie gleichlaufende Zufälligkeiten
und Widerstände als latente Kraft-
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