http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0390
38ß Psychische Studien. XLV. Jahrg. 8.-9. Heft (Aug.-Sept. 1918).
hanges vorliegt. Trotzdem also der Zucker außerhalb des Nerven
verbleibt, empfindet ihn der Nerv dennoch.
Genauer: empfindet ihn das mit den Nerven in Verbindung
stehende Gehirn.
Will man nicht überhaupt auf eine Erklärung dieser sonderbaren
Tatsache verzichten, so muß man annehmen, daß die Wirkung
des einen Stoffteilchens auf das andere in dem Hinübergleiten
einer Kraft von ersterem auf das letztere besteht, denn der
Gedanke, daß eine Kraft von einem Körper auf einen anderen
übergeht, erscheint uns geläufig, wenngleich zugegeben werden
muß, daß auch dieser von einer Erklärung des Phänomens
weit entfernt ist. Bewegung und Einwirkung sind uns mithin
ihrem Wesen nach völlig fremd, zwei Begriffe, mit denen die
Physik beständig arbeitet. Ohne diese Begriffe ist eine Physik
überhaupt nicht denkbar, denn sie bilden die Grundlagen aller
physikalischen Normen. Gerade die Grundlage also ist uns ihrem
Wesen nach ein völliges Rätsel. Wenn man sich dieses klar
macht, leuchtet ein, daß unsere ganze sog. Erkenntnis nur eine
relative ist, sozusagen in der Luft ruht. Der Naturwissenschaftler
findet sich mit dieser Tatsache ab, ignoriert sie, da ihm die Erforschung
dieser relativen Erkenntnis genügt. Es gibt aber zahllose
wissenschaftlich gebildete Leute, die das Bedürfnis nach einer
Weiterfor?chung haben. Indem sie dem Rechnung tragen, das
müssen sie sich sagen, begeben sie sich indes auf ein Gebiet, das
nicht mehr zur Naturwissenschaft gehört, auf das der spekulativen
Phiosophie. Sie gehen zu weit, wenn sie das, was sie hierbei zu
erkennen glauben, als feststehende Tatsachen hinstellen. Sie
können immer nur mit Möglichkeiten, allerhöchstens Wahrscheinlichkeiten
, rechnen. Andererseits begehen die lediglich auf naturwissenschaftlichem
Boden Stehenden vielfach den Fehler, die Ergebnisse
ihrer Wissenschaft zu überschätzen, indem sie die Relativität
derselben völlig übersehen. Naturwissenschaft und Philosophie
sind danach keine kontradiktorischen Gegensätze, sie ergänzen
sich vielmehr, da jede ihr besonderes Gebiet hat.
III. Abteilung.
T.gesneuigkei.en^No Jn , dergl.
Deutsch denken, Deutsch sprechen.
Von Hanna Zun k.*)
Der Deutsche, dem so häufig seine zu große Selbständigkeit
vorgeworfen wird, hat sich im Grunde stets recht anlehnungsbe-
*) Auf dringenden Wunsch wohlmeinender Mitarbeiter und Leser entnehmen
wir obige Aufforderung zum Deutschreden der Zeitschrift
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0390