Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
45. Jahrgang.1918
Seite: 389
(PDF, 147 MB)
Bibliographische Information
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Zunk: Deutsch denken, Deutsch sprechen

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Sagt doch Goethe: „Wer viel mit Kindern lebt, wird finden, daß
keine äußere Einwir kung auf sie ohne Gegenwirkung bleibt."
Und, da die Eindrücke der Jugend am nachhaltigsten haften, so
wird die gestreute Saat schon Früchte bringen.

Der Schüler, dessen Mutter eine Gegnerin des Mischmasch ist,
der sich ins Deutsche gedrängt hat, ins Deutsche drängt, wird
auch außerhalb des Hauses zurückweisen, was ihm undeutsch
entgegentritt.

In den Bekleidungsgeschäften macht das Fremdwort seine
größten Treffer. Fast alles, was zum Anzug der Frau gehört,
segelt in Läden (je größer um so mehr) unter fremder Flagge.
Da sind die Combinations, die Jupons, Costüme, (Tailor made),
Jacketts, Boxcalf-Stiefel usw. Ähnlich geht es bei der Männerwelt
zu.

Die Fremdworte bind schon so eingebürgert, daß es der
Mehrzahl der Menschen gar nicht zum Bewußtsein kommt, wenn
sie sich ihrer bedienen. Hier ist einzugreifen. Ein weites Feld
für Frauenwillen. Nachdrücklich mit der eisernen Rute der Kraft
fege sie bei ihren Besorgungen die frechen Eindringlinge in ihre
Heimat zurück. Der Käuferin fügt sich die Geschäftswelt. Sie
versuche es nur einmal.

Aber nicht nur in den Verkehr und Handel, sondern auch in
die Sprache der Gelehrtenwelt hat sich der Schädling eingeschlichen
. Gerade in die Wissenschaft. Wohl haben berühmte
Forscher bei Neuausgaben ihrer Werke Fremdworte ausgeschaltet,
aber zum großen Teil behielten sie ihren Platz. Die Wissenschaftler
glauben sie eben unentbehrlich. Besonders in Fachschriften.
Das mag zutreffen, aber sonst erschweren sie nur das Verständnis.
Manche junge Studentin weiß ein Lied davon zu singen. Und
wie häufig wird ein guter, bildender Aufsatz zur Seite gelegt, nur
weil das fremdländische Beiwerk die Lust zum Lesen nimmt.

In den Spalten der Tageszeitungen hat das Fremdwort seinen'
festgefügten Sitz. Daran zu rütteln, reicht Frauenstärke nicht
aus. Aber bei der Auswahl der Zeitschriften, die sie liest, kann
sie jenen den Krieg erklären, die sich in des Fremdwortes Gefolgschaft
begeben.--Wie ist nun möglich geworden, daß sich die

deutsche Sprache solcher Krücken bedienen konnte? Daß sich
solche Schmarotzer so festzusaugen vermochten?

Weil sie Blender sind. Scheinwissen vorgaukeln. Das Nachdenken
ersparen. Es setzt sich ja vielj leichter ein Fremdwort
hin, als ein guter deutscher Satz. Das ist dem Denkfaulen eine
liebe Gewohnheit geworden. Und noch ein Hauptgrund! Fremdworte
klingen so — vornehm, so gelehrt. Da tauchte bei Kriegsbeginn
in einem lustigen Blatte ein alter Witz auf: Die Tante verweist
der Nichte die vielen Fremdwörter. „Aber", sagte das junge
Mädchen, „wenn ich sie nicht brauche, wie sollen die Leute denn


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