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Kuhn: Das Leuchten des menschlichen Körpers. 447
richtete; ferner schien die Deutungsweise der Erscheinungen
durch Reichenbach keinen rechten Platz in dem System
der modernen Naturforschung zu finden. Da alle Phänomene
an der Grenze des Wahrnehmbaren liegen und da Reichenbach
die Angaben der Sensitiven nicht selbst kontrollieren
konnte und allein auf ihre Aussagen angewiesen war, so
ist, wie Haschek angibt, eine nüchterne Kritik sehr erschwert
und der Mystik Tür und Tor geöffnet. Die Nachprüfungen
über das Leuchten des Reichenbach'schen Ods
in okkultistischen Kreisen*) haben keine die Wissenschaft
fördernden Ergebnisse erzielt und der Versuch, diese Erscheinungen
auf wohlbekannte physikalische und chemische
Tatsuchen zurückzuführen, ist von dieser Seite kaum gemacht
worden.
Prof. Haschek konnte im Gegensatz zu Reichenbach
seine Beobachtungen selbst machen und seinen Angaben
ist völlig zu trauen, da Prof. Haschek durch seine langjährigen
Spektraluntersuchungen in der Wahrnehmung feiner
optischer Erscheinungen größte Erfahrung besitzt. So sei
nur erwähnt, daß der unlängst von Haschek (und Exner)
herausgegebene spektroskopische Atlas sämtlicher Elemente
nicht weniger wie 120 000 Lichtlinien und ihre gemessene
Wellenlänge verzeichnet. Die Versuche wurden von Haschek
mit Dr. F. Winkler**) durchgeführt und da alle Erscheinungen
an der Grenze der Leistungsfähigkeit des menschlichen
Auges liegen, so stellte Prof. Haschek die Beobachtungen
immer mit mehreren Personen zugleich an. Schließlich
wurden zu den recht langwierigen Versuchen auch 6
im Reicheubach'sehen Sinne als sensitiv zu bezeichnende
Personen herangezogen.
Prof. Haschek |ing zuerst von der Hypothese aus, es
handle sich bei den Leuchterscheinungen vielleicht einfach
um ein Nachleuchten des menschlichen Körpers und der
Stoffe, die vorher dem Lichte ausgesetzt waren (Photolumineszenz
). Bekanntlich haben einige Stoffe, wie die Leuchtfarben
(feste Lösungen von Schwermetallen in Erdalkalisul-
fiden) und die Sidot'sche Blende (Zinksuifid), die Fähigkeit,
im Dunkeln sehr lange ohne irgendeine Wärmeentwicklung
nachzuleuchten, wenn sie vorher kräftig belichtet wurden.
*) z. B.Feerhow: „Die menschliche Aura" — „Eine neue Naturkraft"
„N. Strahlen und Od" — „Die Photographie des Gedankens" (bei Oswald
Mutze, Leipzig).
**) E. Haschek: Über Leuchterscheinmngen des menschlichen Körpers.
Sitzungsberichte der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem.
naturw. Klasse; Bd. CXXIII. Abt IIa März 1914. 10 Seiten (Alfred Holder
in Wien )
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