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458 Psychische Studien. XLV. Jahrg. JO. Heft (Oktober 1918).
Hildegardstraße geführt hatte. Sie galt als außerordentlich
fleißige und ordentliche Frau; ihr Mann hatte sich im Felde
eine Malariaerkrankung zugezogen, an deren Nachwehen er
immer noch zu leiden hat, weshalb er seit Oktober vorigen
Jahres im Lazarett in der Kriegsschule untergebracht ist.
Er kam tagsüber öfter in das Geschäft, mußte aber nachts
im Lazarett sein. Am Dienstag nachmittag zeigte sich Frau
Weidner sehr aufgeräumt, abefds nach 8 Shr fedoch kehrte
sie von einem Besuch bei einer bekannten Familie, in der
* ein Urlauber aus dem Felde eine Schilderung der Schrecken
an der Front gegeben hatte, in gedrückter Stimmung
heim. Es hatte sich bei ihr wieder ein Angstgefühl
eingestellt, das sie seit etwa 4 Wochen
häufig befallen hatte, das sie ab er fr üh er nie
gekannt hatte. Vor etwa drei Wochen schon
erzählte sie, daß sie nachts häufig von Angst
befallen werde, und daß sie einmal sogar bei
Nacht aufgestanden und unter das Bett geleuchtet
habe, um nachzusehen, ob sieh nicht
etwa jemand dort versteckt habe. . Das Schlafzimmer
der Ermordeten liegt neben dem Laden zu ebener
Erde. Der Täter ist vermutlich durch das offen stehende
Küchenfenster vom Hof aus in die Küche und von dort
in das Schlafzimmer eingedrungen. Man nimmt an, daß er
nach vollendeter Tat die Wohnung durch das Schlafzimmerfenster
, das in geringer Höhe zum St. Annaplatz hinausführt
, wieder verlassen hat, da dieses Fenster, das die Tote
in der Regel nachts geschlossen hielt, offen stand. Die
Nichten der Ermordeten haben nicht das geringste Geräusch
wahrgenommen. Ein bestimmter Verdacht wegen der Täterschaft
besteht vorläufig nicht. Die Leiche wries eine schwere
Schädelverletzung auf.
c) Vorahnung des U-Boots? Als mich im Sommer
1902 eine Ferienwanderung durch das freundliche betriebsame
Lausigk führte, fiel mir im Garten des Hermannsbads
eine schlichte Holztafel auf, an einem Pfahl angebracht
mit einer sonderbaren Inschrift — in schwungvollen Worten,
aber ziemlich holprigen Versen. Uber ihre Herkunft konnte
ich nichts erfahren. Das Bad ist 1820 gegründet, jene Inschrift
aber offenbar älter; die Tafel hat wohl vorher einen
andern Standort gehabt. Die Inschrift war deutlich zu
lesen. Mit der Abschrift, die ich davon genommen, stimmt
die auf S. 396 mitgeteilte Wiedergabe überein; nur habe
ich noch eine Uberschrift dazu vorgefunden t die wahrscheinlich
infolge einer Beschädigung der Tafel jetzt nicht
mehr vorhanden ist, so daß Herr Walther Roßberg nichts
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