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Clericüs: Zum Wahrtraume d. Bischofs Lanyi von Großwardein. 467
des Bischofs genau. Der Bischof war nämlich zum Begräbnis
der Hoheiten nach Wien gefahren. Ich hielt am Tage, wo
in Wien das Leichenbegängnis gefeiert wurde, eine Predigt
in der dortigen Augustinerkirche. Ich glaube, daß ich tags
zuvor bei den Erzherzoginnen war. Warum andere (viele
wußten darum und schrieben an den Bischof Lanyi und baten
um authentische Auskunft) nichts veröffentlichten, weiß ich
nicht. (Das erklärt sich leicht aus der Rücksicht auf den
Bischof, der ja eine Veröffentlichung nicht wünschte.) Auch
dem Pater Donat (bedeutender Gelehrter des Ordens an der
Universität Innsbruck) beschrieb der Bischof den Traum
eigenhändig ganz genau, da ihn dieser darum bat. ad 2) Die
Mörder hatten von der Existenz des Bischofs Lanyi keine
Ahnung, ad 3) das ganze Bild des Traumes, also die zwei
Personen im Auto, entspricht genau der Wirklichkeit. Der
Offizier (im Auto) war Graf Harrach. Nur sah der Bischof
auf dem Bilde beide Attentäter (gleichzeitig), während ja
Gabrinowiä das Attentat mit der Bombe etwa 200 m entfernt
von diesem Platze und der Zeit nach eine kleine
halbe Stunde nachher verübt hatte, ad 4) Ich werde den
Bruder des Bischofs ersuchen, eine Bestätigung von seiner
Mutter zu bekommen, daß ihr der Bischof den Traum an
jenem Morgen vor Eintritt des Mordes erzählt hat." —
Pater Puntigam hatte die Freundlichkeit, mir auch Nr. 3
der „Balkanstimmen" (1918) zuzusenden, in der er einen
analogen Wahrtraum veröffentlichte, in dem es sich um die
Person der Jesuitenpaters Moritz Vesteneck handelt. Dieser
war früher Trappist im Kloster Maria Horn bei Banjaluka
gewesen. Er sah im Traum ein Haus mit Umgebung und
es wurde ihm gesagt: „im Jahre, wo du dieses sehen wirst,
wirst du sterben". Er erzählte diesen Traum seinen Mitbrüdern
, aber man gab nichts darauf. Später trat Vesteneck
in den Orden der Gesellschaft Jesu ein und wurde in die
afrikanische Mission geschickt. Bevor er seinen Bestimmungsort
erreichte, kehrte er bei der Missionsstation des Paters
Temming, eines Westphalen, ein; zu diesem sagte er sofort
bei seiner Ajukunft« f,In diesem Jahre werde ich sterben."
Es war Haus und Gegend, die er einst im Traum geschaut
hatte. Vesteneck reiste dann nach seiner Station und sechs
Wochen später starb er dort.--
Was nun den Wahrtraum des Bischofs Lanyi angeht,
so halte ich durch die Mitteilungen seines Bruders und
des Paters Puntigam für erwiesen, daß es sich hier nicht
um einen telepathischen Traum, sondern um zeitliches
Hellsehen handelt. Freilich kann man sagen: der Bischof
war dem Erzherzog befreundet, und da letzterer mit Todes-
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