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484 Psychische Studien. XLV. Jahrg. 11. Heft. (November 1918.)
logen Einschränkungen erfahren, indem festgestellt wurde,
daß der bloße mechanische Kampf ums Dasein zur Erklärung
des Entstehens höher organisierter Formen bezw.
Arten nicht hinreicht, was schon daraus hervorgeht, daß
letztere keineswegs immer die im , Kampf ums Dasein*
bevorzugten, besser bestehenden sind.8)
Eine gründliche Widerlegung aber der von Ed. v. Hartmann
gegen die Spiritisten vorgebrachten wichtigen Argumente
fand ich dann schließlich in dem klassischen Hauptwerk
des Begründers ungerer^Monatsschrift Alexander Aksakow,
in f Animismus und Spiritismus* (2 Bde., Leipzig, O. Mutze,
1891), worin der den Eindruck streng wissenschaftlicher
Besonnenheit und Glaubwürdigkeit machende ehrwürdige
und vielerfahrene Verfasser den Versuch unternommen hat,
durch gut beglaubigte, mit sorgfältigster Auswahl und Gewissenhaftigkeit
berichtete Tatsachen und Bilderaufrahmen
vermöge einer schon von Schopenhauer in Aussicht
gestellten, „experimentellen Metaphysik* nachzuweisen, daß
die „Materie*, wie Zeit vmd Raum, nur eine subjektive
Vorstellungsart einer objektiv gegebenen Bewegung, bezw,
eine Art von Halluzination des Willens* sei. Ich sagte mir,
daß eine derartige Geisterhypothese, rein philosophisch betrachtet
, mit meiner früheren ,.monistischen" Weltanschauung
ganz wohl vereinbar sei, nur daß dabei der Ausgangspunkt
nicht vom materialistischen, sondern vom spiritualistischen
Lager aus zu nehmen wäre.
Meine seit 1899 als Schriftleiter der „Psychischen
Studien" gemachten Erfahrungen haben mir zwar keinen
absolut exaktwissenschaftlich geführten Beweis von der
persönlichen Fortdauer eines Verstorbenen erbracht, ja es
ist mir, was manchem Leser fast unbegreiflich erscheinen
dürfte, nicht einmal gelungen, je zu einer Experimental-
sitzung mit einem berühmten ..Materialisationsmedium" bei-
gesogen su werde.. Während ich aber in dem erwähnten
8) Vergl. in dem an anderer Stelle gewürdigten schönen Buch „Blumen der
Heimat" S. 231 ff. den fesselnden Bericht von E. Krauss über die im Amsterdamer
Arzneihof von Professor de Vries angestellten Proben mit der Pflanze
,,Oenothera Lamarckiana" (Nachtkerze oder Gartenrapunzel), die den Gelehrten
die Augen für das sprungweise Entstehen* der Arten geöfinet
haben und durch andere Forschei, wie S. A. Arendsen Hein, G. A. Pen-
lenger F. R. S., den Dänen Johannsen und den österreichischen Mürack
Gregor Mendel mii Woltereck und Hagedooru, die ihr scharfsinnigstes
Denken und ihre gewissenhaftesten Experimente auf die Lösung dir.ses
schwierigsten Evolutionsproblems richteten, ergänzt und erweitert wur t» n,
wozu dann noch Beweisstücke aus dem Tierreich kamen, welche durch die
Wechseltheorie Darwin's Selektionshypothese zur Seite schoben und zeigten,
daß sich beim Entstehen neuer Formen auch für die Erhaltung der Art
eher schädliche als nützliche Eigenschaften entwickeln können.
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